Kaum noch Inflation in China
Kaum noch Inflation in China
Verbraucherpreise nahezu stabil – Deflation bei Preisen gewerblicher Produkte
mpi Frankfurt
Die Teuerung in China schwächt sich bei den Verbraucherpreisen weiter ab, während die Erzeugerpreise sogar sinken. Im Jahresvergleich legten die Verbraucherpreise im April nur noch um 0,1% zu, wie das chinesische Statistikamt NBS in Peking mitteilte. Es ist bereits der dritte monatliche Rückgang in Folge – im März lag die Teuerungsrate noch bei 0,7% – die geringste Inflation seit mehr als zwei Jahren. Analysten hatten im Vorfeld zwar mit einer sinkenden Rate gerechnet, waren aber im Schnitt von einer Inflation von 0,4% ausgegangen.
Der deutliche Rückgang liegt auch an Basiseffekten. Vor einem Jahr waren die Verbraucherpreise gerade bei Lebensmitteln rapide gestiegen, da die Corona-Lockdowns in Großstädten wie Schanghai die Lieferketten gestört hatten. In der Folge legten die Menschen Lebensmittelvorräte an, sodass die gestiegene Nachfrage die Preise nach oben trieb. Die Lebensmittelpreise stiegen nun im April gegenüber dem Vorjahr um nur noch 0,4%, verglichen mit einem Anstieg von 2,4% im März. Außerdem senken – wie auch in Europa – die im Jahresvergleich niedrigeren Energiepreise die Inflation in China.
Ein weiterer Grund für die geringere Teuerung ist die schwächelnde Wirtschaft. „Es besteht immer noch eine große Lücke zwischen der Nachfrage und ihrem Trend vor der Pandemie“, sagte Xing Zhaopeng, leitender China-Stratege der Australia & New Zealand Banking Group. „Wir glauben nicht, dass sich die Inlandsnachfrage kurzfristig deutlich verbessern kann.“
Spielraum für lockerere Geldpolitik
Die geringere Nachfrage zeigt sich bei der Entwicklung der Erzeugerpreise. Die Produkte gewerblicher Hersteller kosteten im April 3,6% weniger als noch vor einem Jahr. Im März hatte die Deflation der Erzeugerpreise im Jahresvergleich bei 2,5% gelegen. „Ein Rückgang der Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen in China im April – fast bis zum Nullpunkt – in Verbindung mit einer stärkeren Deflation bei den Werkspreisen ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Wirtschaft noch nicht auf Hochtouren läuft“, sagte Eric Zhu, Ökonom bei Bloomberg.
Die geringe Inflation gibt der Zentralbank PBOC die Möglichkeit, die Wirtschaft über geldpolitische Impulse zu unterstützen. Während sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im ersten Quartal auf ein Jahreshoch beschleunigte, sandten die jüngsten Daten einige Warnsignale: Die Produktionstätigkeit ging im April unerwartet zurück, die Importe brachen ein und das Exportwachstum schwächte sich ab.
Im März hatte die Zentralbank die Mindestreservesätze für die Geschäftsbanken gesenkt und damit einen ersten geldpolitischen Lockerungsakzent in diesem Jahr gesetzt. In einer Mitteilung hatte die PBOC diese Maßnahme damit begründet, mit der Wahrung einer ausreichenden Liquidität im Finanzsystem einen makroökonomischen Beitrag zur Festigung der Realwirtschaft zu leisten. Gleichzeitig hieß es damals, die PBOC werde in diesem Jahr mit genau gezielten, aber kraftvollen geldpolitischen Maßnahmen agieren.
Zu diesen Maßnahmen werden nach der Einschätzung von Ökonom Xing jedoch keine Zinssenkungen gehören. Angesichts sinkender Energiepreise und einer stabilen Kerninflation sei es „unwahrscheinlich“, dass die Geldpolitik in China unmittelbar auf die Daten reagieren werde. Er geht zudem davon aus, dass die Zentralbank die Zinssätze in diesem Jahr beibehalten wird.