KONJUNKTUR

Kein Grund zum Feiern

Eine Rezession stand nach dem nur einmaligen Quartalsminus hierzulande ohnehin nicht zu befürchten, nun aber gibt es die beruhigende Gewissheit: Um 0,6 % hat die deutsche Wirtschaft 2019 zugelegt und damit das zehnte Wachstumsjahr in Folge und die...

Kein Grund zum Feiern

Eine Rezession stand nach dem nur einmaligen Quartalsminus hierzulande ohnehin nicht zu befürchten, nun aber gibt es die beruhigende Gewissheit: Um 0,6 % hat die deutsche Wirtschaft 2019 zugelegt und damit das zehnte Wachstumsjahr in Folge und die längste Aufschwungphase im vereinten Deutschland markiert. Bevor nun aber die Sektkorken knallen: Im Vergleich zum Schnitt der vergangenen zehn Jahre von 1,3 % oder auch dem, was andere Länder innerhalb und außerhalb der Eurozone aufweisen, ist Deutschlands Wachstum 2019 eher bescheiden gewesen.Bekanntermaßen basierte das Wachstum zuletzt auf dem privaten und staatlichen Konsum sowie den Bauinvestitionen. Es gab Rückenwind vom robusten Arbeitsmarkt: Steigende Arbeitnehmereinkommen, die dank der schwachen Inflation die Kaufkraft kräftig anschieben, wie auch die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) bilden sich im Zahlenwerk deutlich ab. Ebenso markante Spuren hinterlassen allerdings die Unsicherheitsfaktoren wie die Handelsstreitigkeiten und der bevorstehende Brexit: Exporte und Ausrüstungsinvestitionen sind langsamer als in den Vorjahren gewachsen, und Unternehmen haben wohl vorsichtshalber weite Teile des Vormateriallagers geräumt. Dazu kommt noch ein “sehr gravierender Einfluss” (O-Ton aus der Pressekonferenz des Statistischen Bundesamts) der Automobilbranche.Die Konjunktur hat mit sprudelnden Steuereinnahmen dem Bundeshaushalt 2019, der ohnehin von niedrigen Zinsen profitierte, zum achten Überschuss in Folge verholfen. 49,8 Mrd. Euro – das sind 1,5 % der Wirtschaftskraft – wecken Begehrlichkeiten. Eine schwäbische Hausfrau würde damit die Rücklagen auffüllen. Die Ideen von CDU und FDP – Steuern runter für Bürger und Unternehmen, vollständiger Soli-Abbau und eine oft angemahnte Unternehmenssteuerreform – würden die so wichtige Binnennachfrage stärken und der schwächelnden Industrie auf die Sprünge helfen. Auch die von den Sozialdemokraten geforderten Investitionen in die digitale und physische Infrastruktur, Innovationen, Klimawandel und Bildung würden dringend nötige positive Impulse setzen. Nachhaltiges Wachstum könnte sicherlich am wirkungsvollsten mittels Investitionen generiert werden.Statt zum Schampus zu greifen, sollte daher gehandelt werden. Das Festklammern an der schwarzen Null darf nicht als Ausrede dienen, sich nur halbherzig für Standortqualität und Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen einzusetzen.