Deutsche Wirtschaft

Kein Wachstum und trübe Aussichten

Die deutsche Wirtschaft ist 2023 geschrumpft. Eine rasche konjunkturelle Erholung erwartet auch die Bundesregierung nicht. Positiv entwickelte sich allerdings das Finanzierungsdefizit des Staates.

Kein Wachstum und trübe Aussichten

Kein Wachstum und trübe Aussichten

Deutsche Wirtschaft schrumpft 2023 um 0,3 Prozent – Preise und Nachfrage bremsen – Staatsdefizit sinkt auf 2,0 Prozent

Nach einem schwachen Schlussquartal ist die deutsche Wirtschaft im abgelaufenen Jahr wohl um 0,3% leicht geschrumpft. Eine rasche konjunkturelle Erholung erwartet auch die Bundesregierung nicht. Positiv entwickelte sich allerdings das Finanzierungsdefizit des Staates. Robust zeigte sich der Arbeitsmarkt.

ahe Berlin

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in Deutschland 2023 nach vorläufigen Daten preisbereinigt um 0,3% gesunken. Dies gab das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag bekannt. Präsidentin Ruth Brand verwies zur Begründung auf die hohen Energiepreise, die insbesondere die Industrieproduktion belastet hätten. Steigende Zinsen hätten zudem die jahrelang günstigen Finanzierungsbedingungen verschlechtert, was besonders die Bauwirtschaft gebremst habe, sagte sie in Berlin. Die nach wie vor hohen Preise hätten die Konjunktur im vergangenen Jahr ohnehin auf allen Wirtschaftsstufen gedämpft. Hinzu kam, dass auch der Welthandel an Dynamik verlor – mit entsprechenden Folgen für die deutsche Exportwirtschaft. Die Ausfuhren sanken um 1,8%.

Nach einer ersten Schätzung blieb insbesondere im vierten Quartal das erhoffte Wachstum aus. Nachdem das BIP in den Monaten Juli bis September noch stagnierte, gab es in den letzten drei Monaten des Jahres preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,3% gegenüber dem Vorquartal nach.

Die Konjunkturschwäche zeigte sich stark im produzierenden Gewerbe (ohne Bau), in dem die Bruttowertschöpfung im Gesamtjahr um 2,0% zurückging. Destatis zufolge hatte insbesondere die viel niedrigere heimische Stromproduktion damit zu tun, was unter anderem an der Abschaltung der drei letzten deutschen Atomkraftwerke lag. Die Stromimporte lagen entsprechend deutlich über denen des Vorjahres. Positive Impulse kamen im verarbeitenden Gewerbe aus der Automobilindustrie. Den größten preisbereinigten Zuwachs erzielte aber die Informations- und Kommunikationsbranche, die im vergangenen Jahr um 2,6% zulegen konnte.

Arbeitsmarkt bleibt robust

Bei der Verwendung des BIP fiel auf, dass nicht nur die privaten Konsumausgaben um 0,8% sanken, sondern erstmals seit fast 20 Jahren auch der Staat seine Konsumausgaben reduzierte (minus 1,7%). Dies lag nach Angaben von Destatis vor allem am Wegfall der staatlich finanzierten Corona-Maßnahmen. Positiv hoben sich 2023 die Ausrüstungsinvestitionen ab, die um 3,0% zulegten. Hierzu trugen vor allem die gestiegenen gewerblichen Pkw-Neuzulassungen bei, die vom Umweltbonus für Elektro-Firmenwagen profitierten.

Weiterhin robust zeigte sich 2023 der deutsche Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte mit durchschnittlich 45,9 Millionen einen neuen Höchststand, was Destatis unter anderem mit der hohen Zuwanderung erklärte.

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums hält die wirtschaftliche Schwächephase auch zum Jahreswechsel an. Aktuelle Frühindikatoren deuteten noch nicht auf eine rasche konjunkturelle Erholung hin, erklärte das Ministerium. „Im Verlauf dieses Jahres“ dürften sich aber zentrale Belastungsfaktoren für die deutsche Wirtschaft verringern, hieß es unter Verweis auf die rückläufige Inflation, steigende Reallöhne und eine allmähliche Belebung der Weltwirtschaft. Das Wirtschaftsministerium hofft 2024 auf eine vor allem binnenwirtschaftlich getragene Erholung.

Staatsausgaben steigen

Positiv entwickelte sich im abgelaufenen Jahr das Finanzierungsdefizit der staatlichen Haushalte. Dieses sank im Vergleich zum Vorjahr um rund 14 Mrd. auf 82,7 Mrd. Euro. Die Defizitquote verringerte sich damit von 2,5 auf 2,0% des Bruttoinlandsprodukts. Vor allem der Bund konnte sein Defizit nach Angaben des Statistischen Bundesamts erheblich verringern, weil die Finanzierung von Corona-Maßnahmen wie Tests oder Impfstoffe weitgehend wegfielen. Auch zahlte der Bund weniger Transfers an die Länder und die Sozialversicherungen. Kaum Effekte hatte dagegen die Haushaltssperre, die im November von der Bundesregierung erlassen wurde.

Die Staatsquote ging leicht auf 48,2 (i.V. 49,5)% zurück. Die Ausgaben des Staates kletterten trotz des geringeren Defizits um 3,6% auf knapp 2,0 Bill. Euro. Noch stärker kletterten allerdings die Einnahmen, die im vergangenen Jahr um 4,6% zulegten, was insbesondere an höheren Sozialbeiträgen lag. Einen Sondereffekt verursachte zudem die Einführung des Deutschlandtickets.

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