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Sánchez soll weitermachen

Spaniens Ministerpräsident droht mit Rücktritt wegen einer „Schlammschlacht“ gegen ihn. Die Instabilität würde sich damit jedoch kaum lösen.

Sánchez soll weitermachen

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Sánchez soll weitermachen

Von Thilo Schäfer

Die Märkte mögen keine Ungewissheit. Doch Pedro Sánchez hält nicht nur die Anleger, sondern ganz Spanien bis kommenden Montag im Unklaren darüber, ob er als Ministerpräsident weitermacht. Die Madrider Börse zeigte am Donnerstag nach der äußerst ungewöhnlichen Ankündigung des Regierungschefs keine Reaktion. Vielleicht ist man die seit Jahren andauernde politische Instabilität im Lande schon gewohnt. Doch häuften sich zuletzt Warnungen über die politische Fragmentierung und das aufgeheizte Klima in Spanien, etwa seitens des IWF.

Die Zweifel von Sánchez sind sehr persönlicher Natur. Nicht einmal enge Mitarbeiter wurden über das Schreiben am Mittwoch informiert. Der Auslöser war die Entscheidung eines Richters, einer Anzeige einer notorisch bekannten rechtsradikalen Organisation wegen vermeintlicher Korruptionsvorwürfe gegen Sánchez‘ Ehefrau nachzugehen. Die Klage beruht ausschließlich auf Medienberichten, die eine mehr als fadenscheinige These aufstellen. Air Europa sponserte ein Programm von Begoña Gómez an der renommierten Business School IE. Deswegen soll die spanische Regierung die Fluglinie mitten in der Pandemie gerettet haben, so wie etliche Airlines weltweit gestützt wurden.

Sánchez könnte die Situation für einen Befreiungsschlag nutzen. Seine Minderheitskoalition aus Sozialisten und Linken steht auf tönernen Füßen, da sie auf die parlamentarische Unterstützung aller nationalistischen Parteien aus Katalonien und dem Baskenland angewiesen ist. Deswegen ist etwa kein Haushalt für 2024 zustande gekommen. Doch die Linksregierung hat Spanien weit besser durch die Multikrise aus Pandemie, Krieg und Preisexplosion geführt als viele andere europäische Nachbarn ihre Länder. Spaniens Wachstum ist robust, der Arbeitsmarkt stabil und die Staatsfinanzen nicht so schlecht wie in manchen Staaten Europas, was sich auch in den Spreads der Anleihen ausdrückt.

Eine mögliche Vertrauensfrage wird Sánchez wahrscheinlich gewinnen. Die Nationalisten können es sich kaum leisten, zu seinem Sturz beizutragen, der zu einer Regierung der konservativen PP mit der rechtsextremen Vox führen könnte. Die Rechten haben ihren aggressiven, und teils sehr persönlichen, Kurs gegen Sánchez zuletzt auf unerträgliche Höhen getrieben. Allerdings ist der Sozialist an der von ihm kritisierten „politischen Schlammschlacht“ nicht ganz unschuldig. Ein Rücktritt würde wohl die fünften Neuwahlen in acht Jahren auslösen. Dabei wäre keinesfalls gesichert, dass stabilere Verhältnisse herauskämen. Im Sinne auch der wirtschaftspolitischen Stabilität sollte Sánchez die Zähne zusammenbeißen und bleiben.

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