PERSONEN

Kritik an Bundesverdienstkreuz für Draghi

Von Mark Schrörs, Frankfurt Börsen-Zeitung, 28.1.2020 Die geplante Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Ex-EZB-Präsident Mario Draghi sorgt in der deutschen Politik für immer mehr Kritik - und erneut für eine hitzige Debatte über die seit...

Kritik an Bundesverdienstkreuz für Draghi

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie geplante Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Ex-EZB-Präsident Mario Draghi sorgt in der deutschen Politik für immer mehr Kritik – und erneut für eine hitzige Debatte über die seit Jahren anhaltende ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Null- und Negativzinsen sowie breiten Anleihekäufen (Quantitative Easing, QE). Kritik gibt es vor allem aus der CSU und der CDU, aber auch aus der FDP. Unterstützer dieser Politik halten indes dagegen.Das Bundespräsidialamt hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Draghi den Orden an diesem Freitag im Schloss Bellevue verleihen will (vgl. BZ vom 22. Januar). Der Orden wird grundsätzlich für besondere Leistungen auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem Gebiet verliehen. Draghi leitete die EZB von 2011 bis 2019. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Ende Oktober 2019 bei der Verabschiedung von Draghi in der EZB in Frankfurt dessen Verdienste insbesondere in der Euro-Schuldenkrise gelobt. “Du hast den Euro durch unruhige See navigiert”, hatte sie gesagt.Zunächst hatte nun vor allem die CSU gegen die Entscheidung gewettert. “Warum Herr Draghi das Bundesverdienstkreuz bekommen soll, ist ein Rätsel. Was ist der Verdienst von Herrn Draghi für unser Land?”, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der “Bild am Sonntag”. Draghi habe sich zwar zweifelsohne um Europa und die Stabilisierung der Eurozone verdient gemacht, aber der Preis, den die deutschen Sparer dafür zu zahlen hätten, sei hoch. Blume sprach von einer “Art schleichender Enteignung”. “Wir haben Zweifel, ob die Auszeichnung von Herrn Draghi das richtige Signal an die deutschen Sparer ist”, so Blume.Dann aber gab es auch Kritik aus der CDU und der FDP. “Die Politik der Europäischen Zentralbank unter Draghi hat nicht nur deutsche Sparer kontinuierlich enteignet, sondern die Altersvorsorge von Millionen Menschen in Deutschland geschmälert. Dafür hat er aus meiner Sicht keine deutsche Auszeichnung verdient”, sagte CDU-Innenexperte Axel Fischer ebenfalls der EZB-kritischen “Bild”-Zeitung. “Jetzt bekommt man schon für die Enteignung der deutschen Sparer das Bundesverdienstkreuz”, schrieb auch der FDP-Bundestagsabgeordnete und Finanzexperte Frank Schäffler auf Twitter.Die Grünen dagegen bezeichneten die Kritik der Union als scheinheilig. “Man kann nicht gleichzeitig an dem Fetisch der schwarzen Null klammern und dann die EZB für ihre Geldpolitik angreifen”, twitterte Sven-Christian Kindler, Grünen-Sprecher für Haushaltspolitik: “Ohne Mario Draghi wäre der ausgeglichene Haushalt in Deutschland nie möglich gewesen.” Deutschland verdanke Draghi und der EZB die Stabilisierung des Euro, was auch den Sparern nütze.Die EZB, an deren Spitze nun die Französin Christine Lagarde steht, hält sich in der Debatte weitgehend zurück. EZB-Sprecher Peter Ehrlich twitterte indes als Replik auf die Wortmeldung von FDP-Politiker Schäffler: “Sie wissen schon, dass Enteignung etwas anderes ist, als keine Zinsen zu bekommen?” Lagarde hat die Politik Draghis in den vergangenen acht Jahren als angemessen und richtig bezeichnet. Zugleich will sie die negativen Nebenwirkungen mehr in den Fokus nehmen. Lagarde will das nach der Draghi-Ära stark beschädigte Verhältnis zwischen der EZB und der deutschen Öffentlichkeit wieder verbessern.