Lässig statt stressig
Unter diesen neuen Bedingungen hätte es auch für die Deutsche Bahn noch eine Chance gegeben, das jahrelang hochdefizitäre Nachtzugangebot aufrechtzuerhalten. Stattdessen zieht die Bahn zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember alle Schlaf- und Liegewagen aus dem Verkehr. Etwa die Hälfte des bisherigen Nachtangebots übernehmen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), die damit ihre schon bestehenden Verbindungen im Nachbarland deutlich ausbauen. Auf einigen der neuen Linien, wie Hamburg bzw. Düsseldorf – München – Innsbruck, werden auch Autos und Motorräder mitgenommen. Insgesamt 40 Mill. Euro will die ÖBB in die Beschaffung neuer und den Umbau alter Waggons investieren. Bereits im ersten Jahr sollen sich diese Aufwendungen lohnen, erwartet doch ÖBB-Chef Andreas Matthä schon 2017 ein höheres Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit). *Berthold Huber, Vorstand Verkehr bei der Deutschen Bahn, musste dagegen noch vor kurzem mit “seinen” Nachtzügen einen operativen Verlust von 30 Mill. verkraften – bei Erlösen von überschaubaren 90 Mill. Euro. Kein Wunder, dass dem hiesigen Staatskonzern die Lust auf Schlaf- und Liegewagen ziemlich vergangen ist. Damit steht die Deutsche Bahn nicht allein. In vielen europäischen Nachbarländern wurden Nachtzüge aufs Abstellgleis geschoben, allen voran bei der französischen SNCF. Für die zumeist grenzüberschreitenden Verkehre fallen damit jedoch die Geschäftspartner aus. “Der Nachtzug ist in Europa ein schwieriges Geschäft”, resümiert Huber. *Das weiß auch Matthä. Nicht umsonst betonte er bei der Vorstellung seiner Pläne am Freitag in Berlin, dass sich die ÖBB alle Strecken “sehr gut” angesehen und nur jede zweite Verbindung übernommen haben – im Wesentlichen die, bei denen es Synergien gibt mit dem bisherigen Nachtzugnetz. Fast wortgleich argumentierte Huber: Da Schlaf- und Liegewagen mickrige 1 % des Umsatzes erlösten, werde sich die Deutsche Bahn künftig auf Züge beschränken mit Synergiepotenzial – also IC- und ICE-Züge, die auf einigen Strecken künftig auch nachts fahren. Allerdings ohne Liegemöglichkeiten. Damit zielt die Bahn auf “preissensible, junge Kunden”, sowie auf Früh- oder Spätpendler und auf Reisende, die früh am Flughafen sein müssen. “In unserem Kernnetz wird es künftig keinen letzten Zug mehr geben”, verspricht Huber. Für die Österreicher haben die “Nightjet” genannten Züge dagegen ein ganz anderes Gewicht. Bei ÖBB spülen sie mit 100 Mill. Euro jeden sechsten Euro, der im Fernverkehr erlöst wird, in die Kassen. Die Ebit-Marge beziffert Matthä auf 2 bis 3 % – und künftig mehr. Möglich wird dies nicht zuletzt dadurch, dass in den “Nightjets” diesseits der Grenze nur der Mindestlohn gezahlt wird – der meilenweit entfernt ist von den Tariflöhnen der Deutschen Bahn. Doch das sollte die Reisenden nicht beunruhigen, lautet doch das Motto der Nachtzüge: “Lässig statt stressig.”