Besuch in London

Lindner dringt auf Reformen – auch für den Finanzplatz Deutschland

Mit Unternehmern und Finanzmarktakteuren hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in London über die Nachwehen des Brexit gesprochen. Reformbedarf sieht er für Deutschland.

Lindner dringt auf Reformen – auch für den Finanzplatz Deutschland

Lindner will Finanzplatz stärken

„Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas“ – Keine Aufstockung bei der Bundeswehr

wf London

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich bei einem Besuch in London zuversichtlich für die deutsche Wirtschaft gezeigt, aber auch Reformen der Ampel-Regierung in Berlin angemahnt. „Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas“, konstatierte Lindner vor der Presse in London. Aber Deutschland habe an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Zuvor hatte er mit Vertretern deutscher Unternehmen und Finanzinstitutionen sowie mit Investoren in Großbritannien gesprochen. Sehr hohe Steuersätze, hohe Energiekosten und hohen regulatorischen Aufwand nannte Lindner als Ursache für die wirtschaftliche Situation.

Das Reformprogramm mit Blick auf Anreize für Investoren ist für Lindner klar: Bei Arbeitsmarkt, Bürokratie, Energie, öffentlicher Infrastruktur und steuerlichen Rahmenbedingungen gebe es einiges zu tun. Die Bundesregierung sei „bemüht“, „Tempo und Ambition“ wären aber steigerungsfähig, räumte Lindner selbstkritisch ein. Am einigen Tagen hatte der FDP-Politiker bereits angekündigt, sich im Zuge der Aufstellung des Bundeshaushalts 2025 mit seinem Kabinettskollegen Robert Habeck (Grüne) auf ein Dynamisierungsprogramm für die deutsche Wirtschaft einigen zu wollen.

Ambitionen für den Finanzplatz

Skeptisch äußerte sich der Finanzminister am Dienstag bei einem Besuch in Dublin zu Forderungen aus der CDU nach einer Aufstockung des Bundeswehr-Sondervermögens. Mehr Geld für Verteidigungsaufwendungen müsse vielmehr durch eine Stärkung unserer wirtschaftlichen Dynamik erreicht werden. Eine dauerhafte Finanzierung der Landes- und Bündnisverteidigung sei "absolut möglich", wenn die Wirtschaft wieder auf die Erfolgsspur komme, unterstrich Lindner. Allerdings könnten zusätzliche dauerhafte strukturelle Ausgaben im Haushalt die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels bei den Verteidigungsausgaben erschweren.

Ambitionen hat der FDP-Chef für den heimischen Finanzplatz: „Ich sehe, dass wir Bedarf haben, den Finanzstandort Deutschland zu stärken“, stellte er fest. Im Wettbewerb mit London und innerhalb der EU könne Deutschland besser werden. Lindner verwies auf zwei Initiativen der Bundesregierung: Die Mobilisierung von Investitionskapital, auch aus Kapitalsammelstellen, solle gestärkt werden. Zudem gebe es Gespräche mit Auslandsbanken, um regulatorische und administrative Hürden zu senken, damit der Finanzstandort Deutschland, besonders auch Frankfurt, attraktiver werde.

Lindners Besuch in London galt einem Treffen mit seinem Amtskollegen Jeremy Hunt. „Die Distanz zwischen London und Berlin und zur Europäischen Union darf durch den Brexit nicht größer werden, als sie geografisch ist“, sagte Lindner. Mit Großbritannien teile Deutschland gleiche Werte und Interessen. Wo möglich, wollten beide Länder auch künftig gemeinsam initiativ werden. Begründet wurde bereits ein gemeinsamer Finanzdialog.

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