Luxemburg am Pranger
fed Frankfurt
Die Ergebnisse einer breit angelegten Recherche mehrerer europäischer Medien, darunter die „Süddeutsche Zeitung“, haben eine Diskussion über den Finanzplatz Luxemburg entfacht. Die Journalisten werfen Luxemburg einen Mangel an Transparenz vor. So erweise sich ein öffentliches Register, mit dem das Großherzogtum die wirtschaftlich Berechtigten bestimmter Gesellschaften offenlegen wollte, „als weitgehend wirkungslos“. Angaben seien häufig fehlerhaft. Auch wird das Land wegen seiner Attraktivität bei denen kritisiert, die aggressiv Steuern vermeiden wollten. Nach Einschätzung von drei Ökonomen, auf die sich die Journalisten berufen, entgingen Deutschland jährlich Steuereinnahmen in der Größenordnung von 5 Mrd. Euro.
Verweis auf EU und OECD
Die luxemburgische Regierung „weist die verschiedenen Behauptungen entschieden zurück“. Sie verweist in einer Erklärung darauf, dass „weder die EU noch die OECD ein schädliches Steuersystem oder schädliche Steuerpraktiken in Luxemburg festgestellt haben“. Die Gesetzgebung des Großherzogtums befinde sich „in vollem Einklang mit allen EU- und internationalen Vorschriften und Transparenzstandards“, zumal das Land alle Maßnahmen zum Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten und im Kampf gegen Steuervermeidung anwende.
„Es gibt in Luxemburg keine günstige Steuerregelung für multinationale Unternehmen oder für digitale Unternehmen“, unterstreicht die Regierung. In den vergangenen Jahren hatte die EU-Kommission daran Zweifel geäußert. In wettbewerbsrechtlichen Verfahren hatte sie deshalb den Online-Händler Amazon, den Versorger Engie und Fiat Finance & Trade verdonnert, Steuern an den luxemburgischen Fiskus nachzuzahlen. Die Fälle Amazon und Engie werden noch vor dem EU-Gerichtshof verhandelt, den Beschluss in Sachen Fiat hat das EU-Gericht bestätigt.
In Reaktion auf Vorwürfe „über angebliche Mängel in den Vorkehrungen des Großherzogtums zur Bekämpfung der Geldwäsche“ betont die Regierung des nach Einwohnern zweitkleinsten EU-Staats, Luxemburg bewerte und aktualisiere kontinuierlich seine Aufsichtsarchitektur und seine Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Das Land wende alle Vorschriften sowie die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering an. Die Finanzaufsichtsbehörde CSSF habe die Zahl der Beschäftigten binnen sieben Jahren verdoppelt, argumentiert die Regierung, um ihr Engagement im Kampf gegen Geldwäsche zu dokumentieren. Schließlich sei Luxemburg „eines der ersten Länder Europas, das ein öffentliches Register der wirtschaftlich Berechtigten eingerichtet hat“.
Gerade an diesem Register entzündet sich allerdings nicht allein die Kritik der Journalisten, sondern auch von Europaabgeordneten. So erklärt der CSU-Finanzexperte Markus Ferber: „Wenn Transparenzregister geführt werden wie in Luxemburg, verdienen sie ihren Namen nicht.“ In Luxemburg sei das Register über wirtschaftlich Berechtigte „eher ein Instrument, um Eigentümerstrukturen zu verschleiern, als sie aufzudecken“. Er drängt die EU-Kommission, die Praktiken am Finanzplatz Luxemburg noch einmal intensiv unter die Lupe zu nehmen: „Im Zweifel darf die Kommission auch vor dem Instrument des Vertragsverletzungsverfahrens nicht zurückschrecken.”
„Florierende Steueroase“
Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold meint: „Die Reaktion der luxemburgische Regierung ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.“ Das Land sei „eine florierende innereuropäische Steueroase“. Die EU habe Luxemburg im Zuge des Europäischen Semesters der vergangenen drei Jahre „ausdrücklich aufgefordert, sein Steuersystem zu verändern, weil es zu aggressiver Steuervermeidung einlädt“, hält Giegold dem Großherzogtum vor.