Frankreichs Wirtschaft

Mangelndes Vertrauen

Frankreichs Wachstum hält trotz der politischen Krise stand. Doch die Stimmung ist trüb. Privathaushalte sparen, statt zu konsumieren.

Mangelndes Vertrauen

Mangelndes Vertrauen bremst Konjunktur

Frankreichs Wirtschaft wächst trotz der politischen Krise, aber die Stimmung ist trüb

wü Paris
von Gesche Wüpper, Paris

Kein Vertrauen, aber ein bisschen Wachstum, lautet der Titel der jüngsten Konjunkturnote des französischen Statistikamtes Insee. „Frankreich unterscheidet sich von seinen Nachbarn durch den Mangel an Vertrauen“, sagt Dorian Roucher, der Chef der Insee-Konjunkturabteilung. „Das ist ganz klar der Faktor, der in Frankreich bremst.“ Dennoch hat das Wachstum der französischen Wirtschaft bisher standgehalten. Im zweiten Quartal ist es mit einem Plus von 0,3% getrieben von Landwirtschaft, Luftfahrtindustrie, Tourismus und Immobilien sogar etwas mehr gestiegen, als von den Insee-Statistikern erwartet.

Im dritten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erneut 0,3% zulegen, im vierten dann 0,2%. Für das Gesamtjahr erwartet Insee ein Wachstum von 0,8%, wenn die tatsächlich in diesem Jahr anfallenden Arbeitstage nicht berücksichtigt werden 0,6%. Die Prognose der gerade zurückgetretenen Regierung von François Bayrou, die von einem Wachstum von 0,7% ausgegangen ist, wirkt damit realistisch. Doch die Autoren der Konjunkturnote warnen: „Ingesamt erscheinen die Wachstumsmotoren der französischen Wirtschaft 2025 nicht nachhaltig.“

Rekorde beim Sparaufkommen

Wenn die Franzosen das Vertrauen wieder zurückgewännen, würde auch der Konsum der Haushalte wieder zulegen, meint Roucher. Er ist traditionell einer der Wachstumsmotoren der französischen Wirtschaft, schwächelt jedoch jetzt. Denn viele Franzosen fürchten, dass die Arbeitslosigkeit steigt und dass sich die wirtschaftliche Situation verschlechtern könnte. Deshalb legen sie ihr Geld lieber auf die hohe Kante, anstatt zu konsumieren, sodass das Sparaufkommen einen neuen Rekordstand erreicht. „Der Pessimismus der Franzosen zeigt sich an ihrem hohen Sparaufkommen“, erklärt Roucher.

Sinkende Investitionen

Dabei hält der Arbeitsmarkt mit einem Mini-Anstieg der Arbeitslosenquote auf 7,5% besser stand als erwartet und die Inflation fällt mit 0,9% im August im Vorjahresvergleich niedriger als bei den Nachbarn aus. Die durch die vorgezogenen Parlamentswahlen 2024 stark gestiegene Unsicherheit spiegelt sich auch in den Unternehmensinvestitionen wider, die nach einem starken Einbruch 2024 im zweiten Quartal erneut zurückgegangen sind. Die Tendenz dürfte bis Jahresende anhalten, meint Insee.

In der von der Banque de France kurz nach Ankündigung der Vertrauensfrage durchgeführten Konjunkturumfrage sind die Unsicherheitsindikatoren in der Industrie, dem Dienstleistungssektor und der Baubranche stark gestiegen – auf einen Stand, der jetzt sogar leicht über dem nach der Auflösung der Nationalversammlung gemessenen liegt. Die Banque de France will Montag ihre Prognosen für die Zeit 2025 bis 2027 aktualisieren.