Märkte wittern dicke Konjunkturluft in China

Einkaufsmanagerindex tendiert etwas stabiler, aber an den Aktienbörsen wird Schlimmeres befürchtet

Märkte wittern dicke Konjunkturluft in China

nh Schanghai – Eine rasche Erholung der chinesischen Konjunktur scheint nach Maßgabe des jüngsten Einkaufsmanagerindex nicht in Sicht. In Verbindung mit den akuten politischen Spannungen zwischen Japan und China und der Sorge um eine Beeinträchtigung des bilateralen Warenverkehrs reichte dies aus, um chinesische Aktienbörsen auf ein Jahrestief zu schicken und auch die Handelseröffnung an den Märkten in Europa zu belasten.Der sogenannte China Flash PMI, ein von der Großbank HSBC verbreitetes vorläufiges Stimmungsbarometer für die September-Industrieaktivität in China, deutet mit 47,8 nach 47,6 Punkten im August auf eine geringfügige Stabilisierung hin. Allerdings sind Werte unterhalb der 50-Punkte-Marke als Indiz für eine Schrumpfung des Industrieoutputs im direkten Monatsvergleich zu werten. Der HSBC-Einkaufsmanagerindex liegt nun zum elften Monat in Folge unter der Expansionsschwelle, und lässt Analysten weitere Abstriche an den Prognosewerten für das chinesische Wirtschaftswachstum im laufenden dritten Quartal machen – ein Umstand, der am Donnerstag an den Märkten sauer aufstieß. In Schanghai rutschte der Hauptindex SCI um 2,1 % auf 2 025 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit Februar 2009, als die Börsen weltweit in den Keller gegangen waren. Besonders negativ tendierten Aktien von Unternehmen, die vom China-Japan-Streit getroffen werden könnten, darunter Dongfeng Automobile, ein Kooperationspartner japanischer Autohersteller, sowie die Metallverarbeiter Jiangxi Copper und China Aluminium Corp.Bei den Marktteilnehmern macht sich aber auch latente Enttäuschung darüber breit, dass die Regierung wenig Bereitschaft zeigt, dem geschwächten Konjunkturklima mit geldpolitischen Maßnahmen wie Leitzins- und Mindestreservesatzsenkungen zu begegnen.Eine Anfang September von der Verkündung zahlreicher großer Infrastrukturprojekte angestoßene Rally ist nun wieder verpufft. Dies nicht zuletzt auch, weil sich mittlerweile bei den Konjunkturexperten die Überzeugung breitmacht, dass es sich bei den nun genehmigten Straßen-, Nahverkehrs- und Eisenbahn-Projekten um bereits im Fünfjahresplan verankerte Unterfangen handelt, die mithin keinen echten zusätzlichen konjunkturpolitischen Stimulus darstellen.Für das laufende Jahr zumindest dürften die auf diesem Wege forcierten Anlageinvestitionen nur einen winzigen positiven Beitrag zum Wachstum des Bruttoinlandprodukts beisteuern, meint etwa der Chefökonom der Deutschen Bank für den chinesischen Raum, Ma Jun. Im zweiten Quartal hatte die Wachstumsrate des chinesischen BIP 7,6 % betragen und sie droht nun unter die von der Regierung als arbeitsmarktverträgliche Untergrenze geltende Zielmarkte bei 7,5 % zu rutschen.Analysten bei Barclays Capital gehen davon aus, dass das eng mit der Industrieproduktion korrelierte BIP-Wachstum nach Maßgabe der jüngsten Einkaufsmanagerdaten im dritten Quartal auf 7,3 % absacken dürfte. Im weiteren Jahresverlauf sei dann zwar mit einer Stabilisierung, nicht aber mit einer seitens der chinesischen Regierung in Aussicht gestellten Belebung der Konjunktur zu rechnen. Nach Einschätzung der Barclays-Ökonomen läuft dies für das Gesamtjahr 2012 auf eine Wachstumsrate von 7,5 % hinaus, die damit gerade noch auf im Rahmen der offiziellen Zielvorgabe bleibe.