EUROPA ZWISCHEN LOCKDOWN UND IMPFSTART

Merkel verteidigt Impfstrategie

Europäisches Vorgehen "im deutschen Interesse" - Bund und Länder verschärfen Kontaktbeschränkungen

Merkel verteidigt Impfstrategie

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich nach der Kritik an der Impfstrategie der Europäischen Union (EU) erneut gegen “nationale Alleingänge” gestellt. Die EU verhandelt mit den Impfstoffherstellern Biontech und Pfizer nach. Der Lockdown in Deutschland läuft unter verschärften Bedingungen weiter.sp Berlin – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach dem Beschluss von schärferen Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie am Dienstag die Impfstrategie der Europäischen Union (EU) verteidigt. “Wir haben ausdrücklich klargestellt, dass Bund und Länder die gemeinsame Impfstoffstrategie der EU begrüßen”, sagte Merkel nach den Beratungen mit den 16 Länderchefs. “Wir wollen keine nationalen Alleingänge”, betonte die Kanzlerin mit Blick auf die Beschaffung von Impfstoffen durch die EU-Kommission, die in den vergangenen Tagen auch in den Reihen der Koalitionsparteien teils heftig kritisiert worden war. Der wirksamste Schutz sei auch für Deutschland durch ein europäisches Vorgehen zu erreichen, sagte Merkel. Es sei “im deutschen Interesse”, dass auch die Bevölkerung der EU-Nachbarn rasch geimpft werde.Vor allem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war in den vergangenen Tagen unter Druck geraten, nachdem auch Experten die mangelnde Verfügbarkeit von Impfstoff in Deutschland kritisiert hatten. “Insgesamt hat die EU deutlich mehr Impfstoff bestellt, als notwendig ist, um alle Menschen in der EU zu impfen”, stellte Merkel klar (siehe Grafik). Spahn mache “einen prima Job”, sagte die Kanzlerin. Die Frage, ob sie noch Vertrauen in den Minister habe, stelle sich nicht. EU verhandelt mit BiontechDie EU selbst verhandelte am Dienstag mit dem Mainzer Unternehmen Biontech und dessen US-Partner Pfizer über die Lieferung weiterer Impfdosen gegen das Coronavirus. Die Staatengemeinschaft wolle zusätzliche 50 bis 100 Millionen Impfeinheiten ordern, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtete. Zwei Personen sagten demnach, die neuen Medikamente sollten im dritten Quartal ausgeliefert werden. Eine dritte Person sagte, es könne auch bis zum vierten Quartal dauern. Reuters zufolge wird der Preis für die zusätzliche Charge derselbe sein wie für die bereits im November bestellten 200 Millionen Dosen. Jeder Patient benötigt nach Angaben der Hersteller zwei Dosen, damit die Impfung ihre volle Wirkung entfaltet. Die EU lehnte zunächst eine Stellungnahme zu den Informationen ab. Ein Pfizer-Sprecher erklärte lediglich, die Verhandlungen seien vertraulich. Biontech-Mitgründer Ugur Sahin kündigte beim digitalen Neujahrsempfang der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) laut dpa-afx an, “dass wir bis Sommer ausreichend Impfstoff bereitstellen können”, so dass alle geimpft werden könnten, die dies wünschten.Trotz der wachsenden Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen das Sars-CoV-2-Virus gelten Kontaktbeschränkungen auf absehbare Zeit als das wichtigste Instrument, um die Pandemie einzudämmen. Bund und Länder haben am Dienstag deshalb wie erwartet den seit Mitte Dezember geltenden Lockdown um drei Wochen bis Ende Januar verlängert und die Begrenzung der Kontakte noch einmal verschärft. Konkret sind private Zusammenkünfte wie schon beim ersten Corona-Lockdown im vergangenen Frühjahr nur noch mit maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person erlaubt. In sogenannten Hotspots mit mehr als 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den zurückliegenden sieben Tagen kann der Bewegungsradius auf 15 Kilometer rund um den Wohnort beschränkt werden. Die Schließung von Gastronomie, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie großer Teile des Einzelhandels wird bis zum 31. Januar verlängert. Der Bund wird dazu Betriebe über die Überbrückungshilfen III entschädigen, mit denen ein Teil der Fixkosten übernommen wird. “Nachdem der Bund die Voraussetzungen geschaffen hat, werden Bund und Länder die Auszahlungen so schnell wie möglich realisieren”, heißt es im Beschlusspapier. Wirtschaftsverbände hatten in den vergangenen Wochen immer wieder Kritik an der schleppenden Auszahlung der Hilfen für November und Dezember geäußert.