Nancy Pelosi - die Unverwüstliche
Von Peter De Thier, WashingtonIm vergangenen Herbst hatte Nancy Pelosis Stern zu sinken begonnen. Selbst loyale Parteifreunde unter den Demokraten waren überzeugt, dass die langjährige Kongressabgeordnete aus Kalifornien unauffällig ihre 17. Amtsperiode im Repräsentantenhaus absitzen würde, ohne in Washington politische Wellen zu schlagen. Zwischenzeitlich hat sich die unverwüstliche “Sprecherin des Repräsentantenhauses”, faktisch die Fraktionschefin der Mehrheitspartei, aber ein weiteres Mal zu der mächtigsten Frau in der US-Hauptstadt gemausert. Für Schlagzeilen sorgt sie dieser Tage wegen ihrer unnachahmlichen Fähigkeit, US-Präsident Donald Trump unter die Haut zu gehen wie kein anderer Politiker im Lande. Schon immer an Politik interessiert, befand sich die heute 79-jährige Pelosi als Studentin im Publikum, als Präsident John F. Kennedy vereidigt wurde. In der kalifornischen Kommunalpolitik diente sich Pelosi hoch und wurde schon in jungem Alter zur Parteivorsitzenden gewählt. 1986 kandidierte sie erfolgreich für einen Sitz im US-Repräsentantenhaus, wo Pelosi den größten Teil der Stadt San Francisco vertritt.Im Kongress engagierte sie sich unermüdlich für sozialliberale Anliegen und errang nach 20 Jahren das einflussreiche Amt des “Speaker of the House”, womit Pelosi die ranghöchste gewählte Frau in der amerikanischen Politik wurde. Zwar konnte sich die immer schlagfertige Politologin nur vier Jahre in der Position halten, da 2011 die Republikaner die Mehrheit in der unteren Kongresskammer zurückeroberten. Dennoch gelang es ihr auch damals schon, den mächtigsten Republikanern ein Dorn im Auge zu sein. So lief Pelosi gegen den von Präsident George W. Bush angezettelten Irak-Krieg Sturm und stemmte sich ebenfalls gegen seine Versuche, die gesetzliche Rentenversicherung zu privatisieren.Eine zentrale Rolle kam ihr im Gefolge der Rezession bei der Verabschiedung des Dodd-Frank-Gesetzes zur Neuausrichtung der Finanzmarktarchitektur zu – genau wie beim Zimmern staatlicher Ausgabenprogramme zur Wiederbelebung der US-Konjunktur.Nachdem die Republikaner im Repräsentantenhaus wieder den Ton angaben, musste sich die reiche Politikerin – so wird das Vermögen des Ehepaars Pelosi auf bis zu 100 Mill. Dollar geschätzt -, mit einer Statistenrolle begnügen. Auch nach dem demokratischen Durchmarsch bei den Kongresswahlen im vergangenen November hieß es, dass sie zu alt sei und ihre Positionen zu moderat, um mit dem aufkommenden progressiven Parteiflügel Schritt zu halten.Viele in der Partei erkannten aber, dass die Karrierepolitikerin das notwendige Verhandlungsgeschick besitzt, um Trump in Schach zu halten, und bestätigten sie daher erneut in der Rolle der Sprecherin. Sie wirft Trump einerseits Justizbehinderung vor, die laut Pelosi ein Amtsenthebungsverfahren verdient. Gleichzeitig weigert sie sich aber, ein solches einzuleiten, weil sie weiß, dass der Präsident dies politisch ausschlachten würde, um seine Basis zu mobilisieren. Damit wiederum bringt sie Trump, der mit den andauernden Ermittlungen in seinen zwielichtigen Geschäften nicht fertig wird, zur Weißglut. Und Nancy Pelosi genießt es sichtlich, zuzuschauen, wie der mächtigste Mann im Land zürnt.