Insolvenzen

Firmenpleiten nehmen deutlich zu

Der konjunkturelle Gegenwind zwingt immer mehr Unternehmen aufzugeben. Im April haben mehr Firmen Insolvenz angemeldet und der Frühindikator des Statistischen Bundesamts lässt auf eine Fortsetzung des Negativtrends schließen.

Firmenpleiten nehmen deutlich zu

Firmenpleiten nehmen deutlich zu

Schnellindikator deutet weiter steigende Fallzahlen an – Insolvenzhäufigkeit im Bereich Verkehr und Lagerei am höchsten

ba Frankfurt

Der konjunkturelle Gegenwind zwingt immer mehr Unternehmen aufzugeben. Im April haben mehr Firmen Insolvenz angemeldet, und der Schnellindikator des Statistischen Bundesamts lässt auf weiter steigende Fallzahlen schließen. Dies alles sei aber noch im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite, urteilen Experten.

Immer mehr Unternehmen in Deutschland geben angesichts der schwächelnden Konjunktur und der anziehenden Finanzierungskonditionen auf. So haben im April erneut mehr Firmen Insolvenz angemeldet, und die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen lässt darauf schließen, dass sich der Negativtrend weiter fortsetzt. Experten werten dies als einen üblichen Quartalseffekt innerhalb der normalen Auf-und-ab-Bewegungen des monatlichen Insolvenzaufkommens.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) legte die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen im Juni um 13,9% im Jahresvergleich zu. Im Mai waren es 3,1% mehr als im Vorjahr. Diese Verfahren schlagen sich allerdings erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in der amtlichen Statistik nieder, wie die Wiesbadener betonen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen drei Monate davor. Die Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben ab, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens ablaufen – nicht aber jene aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten.

Forderungen kaum verändert

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Im April haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1.428 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das sind 14,4% mehr als im April des Vorjahres. „Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nimmt bereits seit August 2022 kontinuierlich zu“, kommentierten die Statistiker. Die voraussichtlichen Forderungen sind im Jahresvergleich annähernd gleich geblieben –während es im April rund 1,3 Mrd. Euro waren, lagen die Forderungen im April 2022 bei knapp 1,4 Mrd. Euro. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen gab hingegen im Jahresvergleich nach, und zwar um 5,1% auf 4.906.

Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es insgesamt vier Insolvenzen. Die meisten Insolvenzen je 10.000 Firmen entfielen wie auch im ersten Quartal auf den Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei mit zehn Fällen, gefolgt vom Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu dem etwa Zeitarbeitsfirmen zählen, mit acht Fällen. Die geringste Insolvenzhäufigkeit mit nur einem Fall gab es in der Energieversorgung.

„Normale Schwankung“

Laut dem Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) ist ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im Juni nicht ungewöhnlich. „Er gehört zu den normalen unterjährigen Schwankungsbewegungen des Insolvenzaufkommens“, erklärte VID-Vorsitzender Christoph Niering. Zum Quartalsende stünden Erklärungsfristen und Zahlungen an öffentliche Gläubiger wie Fiskus oder Sozialversicherungsträger an. „Können diese Zahlungen nicht geleistet werden, dann häufen sich die Insolvenzanträge“, so Niering. Selbst wenn die Insolvenzzahlen auf dem Niveau der vergangenen Monate weiter zulegen sollten, würden bei weitem nicht die Spitzenwerte der Unternehmensinsolvenzen wie zu Zeiten der Finanzkrise erreicht werden: 2009 mussten rund 33.000 Unternehmen Insolvenzantrag stellen.

Eine besondere Häufung der Insolvenzanträge ist dem VID zufolge weiter im Krankenhaus- und Pflegebereich, in der Bau- und Immobilienbranche sowie im Einzelhandel zu beobachten. Das von Bund und Ländern verabschiedete Eckpunktepapier zur Krankenhausreform werde die Lage bei Kliniken kurzfristig nicht entschärfen – und „selbst bei einer schnellen gesetzlichen Umsetzung der Krankenhausreform werden die erst für 2024/2025 angekündigten Maßnahmen für viele Krankenhäuser zu spät kommen“, mahnte Niering. Die Bau- und Immobilienbranche wiederum habe nach wie vor mit einer Baupreisinflation von 8% zu kämpfen. „Viele Bauprojekte liegen auf Eis”, hieß es beim VID. Die Nachfrage sei auch wegen der stark gestiegenen Bauzinsen deutlich gesunken.

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