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Neue Chefs für EIOPA und ESMA gesucht

Von Andreas Heitker, Brüssel, und Bernd Neubacher, Frankfurt Börsen-Zeitung, 2.9.2020 Angesichts der Corona-Pandemie und ihrer beispiellosen Folgen könnte glatt in den Hintergrund geraten, dass in den kommenden Monaten ein Wechsel an der Spitze von...

Neue Chefs für EIOPA und ESMA gesucht

Von Andreas Heitker, Brüssel, und Bernd Neubacher, FrankfurtAngesichts der Corona-Pandemie und ihrer beispiellosen Folgen könnte glatt in den Hintergrund geraten, dass in den kommenden Monaten ein Wechsel an der Spitze von gleich zwei der drei europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) bevorsteht: Steven Maijoor, Chairman der Wertpapieraufsicht ESMA, sowie Gabriel Bernardino, Chair der Versichererbehörde EIOPA, stehen vor der Ablösung. Im Falle Maijoors endet die Bewerbungsfrist am heutigen Mittwoch um 23.59 Uhr, die von der EIOPA gesetzte Frist lief bereits in der Nacht von Montag auf Dienstag aus. In beiden Fällen sind bislang noch keine offiziellen Kandidaten bekannt. Und auch die Gerüchteküche brodelt bislang längst nicht so laut wie sonst bei der Besetzung solch einflussreicher Posten. Mindestens eine FrauAntreten sollen die neuen Aufsichtschefs Anfang März (EIOPA) beziehungsweise Anfang April (ESMA) nächsten Jahres. Was das Profil der Anforderungen an die Nachfolge angeht, so dürfte – neben der Erfüllung der formalen Kriterien – eines ganz sicher sein: Zumindest einen der beiden Posten soll eine Frau bekommen. Noch zu frisch ist der monatelange Streit um das Amt des Exekutivdirektors bei der Bankenregulierungsbehörde EBA, der schließlich im Juli zugunsten des Franzosen François-Louis Michaud entschieden wurde. Und 2019 war ebenfalls bei der EBA auch José Manuel Campa nur mit knapper Mehrheit auf den Schild gehoben worden als Nachfolger des bisherigen Chairman Andrea Enria.Im EU-Parlament ist der Unmut über Listen vornehmlich männlicher Kandidaten für die Besetzung solcher Spitzenposten in den vergangenen Jahren nämlich stetig gewachsen. In einer Resolution vom März 2019 hatte das Parlament bereits mit Nachdruck geschlechterausgewogene Vorschlagslisten für Spitzenpositionen in EU-Finanzinstitutionen von mindestens einem Mann und einer Frau verlangt. ESMA und EIOPA dürften dieses Mal kaum noch davon abweichen können.Nicht nur vor diesem Hintergrund werden in Brüssel ESMA-Exekutivdirektorin Verena Ross gute Chancen eingeräumt, die Nachfolge ihres niederländischen Chefs Steven Maijoor anzutreten. Die 52-jährige Deutsche hatte als Analystin bei der Bank of England und später der Financial Service Authority (FSA) gearbeitet, bevor sie vor neun Jahren und vier Monaten als Exekutivdirektorin zur ESMA stieß und damit seither für das operative Geschäft der Behörde zuständig war. In Aufsichtskreisen genießt Ross einen guten Ruf, gilt als durchsetzungsfähig und dürfte die Behörde so gut kennen wie kaum jemand sonst. Für einige aus der Branche gilt es allerdings aktuell auch als Makel, zum “Team Maijoor” gehört zu haben.Bei ihrem Pendant bei der EIOPA, Exekutivdirektor Fausto Parente, stünde im März eine Verlängerung der fünfjährigen Amtszeit an – sofern der Italiener nicht seinen Hut für die Nachfolge des Portugiesen Bernardino in den Ring geworfen hat.Neben dem EIPOA-Exekutivdirektor kommen als mögliche Kandidaten auch die Mitglieder des knapp 40-köpfigen Board of Supervisors der EIPOA in Frage. Gerüchteweise werden vereinzelt auch Kandidaten aus der Versicherungsbranche selbst genannt. Klar dürfte allerdings sein: Würde Ross als ESMA-Chair berufen, dürfte schon um des nationalen Proporzes willen der Name eines anderen Deutschen aus dem Rennen sein: der von BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund. In Brüssel wird er zwar als möglicher Kandidat für den Posten des EIOPA-Chair genannt. Wie es in informierten Kreisen allerdings heißt, ist nichts dran am kolportierten Interesse des deutschen Mitglieds im Board of Supervisors der EIOPA. Hoffen auf den NeuanfangIn den Reihen der von ESMA und EIOPA beaufsichtigten Häuser wird man weder Maijoor noch Bernardino viele Tränen nachweinen. Beiden wird im Markt bescheinigt, die Kompetenzen ihrer Behörden im Zweifel eher weit ausgelegt und sich unterhalb der EU-Gesetzgebung über Richtlinien und technische Standards eine ihnen eigentlich nicht zustehende Macht gesichert zu haben. Wohlmeinendere Beobachter werden dies als Beleg werten, dass beide Manager ihre Aufgabe nicht in erster Linie darin sehen, den Exponenten der Finanzwirtschaft zu gefallen, sondern vielmehr ihrem Aufsichtsmandat gerecht zu werden.