OECD legt den Finger auf die Produktivität

Kritik an schwacher Entwicklung der Arbeitsleistung in der Schweizer Wirtschaft

OECD legt den Finger auf die Produktivität

dz Zürich – Die Schweizer Wirtschaft scheint die Folgen des Frankenschocks relativ gut zu verdauen und darf im kommenden Jahr wieder mit einer Beschleunigung des Wachstums rechnen. Zu diesem Schluss gelangen Ökonomen der OECD in ihrem neuen Länderbericht zur Schweiz. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung rechnet für 2015 mit einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes um 0,7 % und für 2016 mit 1,1 %. Der Ökonomenkonsens für 2016 liegt bei rund 1,3 %. Gemäß den jüngsten Konjunkturdaten des Bundesamtes für Statistik hat die Schweizer Wirtschaft im dritten Quartal gegenüber der Vorperiode stagniert.Die OECD legt in ihrem Bericht den Finger auf die schwache Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Diese könnte ein Ausdruck für zunehmende Ungleichgewichte zwischen den international kompetitiven Exportsektoren und der von den tiefen Zinsen und der hohen Zuwanderung profitierenden Binnenwirtschaft sein. So hat die Zahl der in den staatlichen und halbstaatlichen Sektoren geschaffenen Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren deutlich stärker zugenommen als die Gesamtbeschäftigung.Produktivitätsanalysen sind allerdings ein schwieriges Geschäft. Die Aufstockung der Personalbestände im staatlichen und halbstaatlichen Sektor reflektiert auch langfristige Trends in der Gesellschaft wie zum Beispiel die steigende Lebenserwartung, die für eine stetige Nachfrage nach Personal im Gesundheitswesen sorgt. Dennoch weisen auch die erst diese Woche vom Bundesamt für Statistik präsentierten Daten der großen Lohnstrukturerhebung für 2012 bis 2014 darauf hin, dass die Produktivität der Schweizer Wirtschaft, auf einem zwar hohen Niveau, eher rückläufig ist. Die Löhne sind in der Schweiz seit 2012 stärker gestiegen als das BIP. Vor diesem Hintergrund empfehlen die OECD-Ökonomen der Schweiz zusätzlich Liberalisierungsschritte, namentlich in den vorwiegend staatlich kontrollierten Sektoren Energie und Telekommunikation. Empfohlen wird auch ein Ausbau des Netzes an Freihandelsabkommen insbesondere mit Indien und den USA.Kein Thema in dem Bericht ist die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank, die in Zeiten des Euro-Mindestkurses mehrfach in die Kritik geraten war. Thematisiert werden indessen die anhaltenden Spannungen im Markt für Wohnimmobilien. Die Schweizer weisen eine im OECD-Vergleich sehr hohe Hypothekarverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf. Diese Situation sei umso problematischer, als auch die Banken stark in dem Geschäft exponiert seien. Die OECD empfiehlt unter anderem, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Hypothekarzinsen einzugrenzen, um die Attraktivität von Wohneigentum zu bremsen.