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Peter Praet 70

lz - Er ist die Instanz im Hintergrund des Entscheidungsgremiums der Europäischen Zentralbank (EZB), die Präsident Mario Draghi den Rücken frei hält, ihm in erster Näherung Argumente und Positionen liefert und - falls dessen Äußerungen einmal falsch...

Peter Praet 70

lz – Er ist die Instanz im Hintergrund des Entscheidungsgremiums der Europäischen Zentralbank (EZB), die Präsident Mario Draghi den Rücken frei hält, ihm in erster Näherung Argumente und Positionen liefert und – falls dessen Äußerungen einmal falsch verstanden werden – für Klarstellung sorgt; er ist jener, der im Vorfeld Unstimmigkeiten mit Kollegen ausräumt, Kompromisse und Einigung sucht sowie das nötige ökonomische Zahlenmaterial vorhält: Peter Praet, der EZB-Chefvolkswirt. Er ist in dieser Funktion eine der mächtigsten Personen in der Notenbank überhaupt.Noch bis Ende Mai ist er in dieser Position tätig, dann geht er in den Ruhestand. Um seine Nachfolge herrscht ob der Bedeutung dieser Schlüsselstellung schon geraume Zeit große Konkurrenz. Als heißester Anwärter auf den “EZB-Chefvolkswirt” wird seit längerem Irlands Zentralbankchef Philip Lane gehandelt. Er gilt wie Praet ebenfalls als “Taube”, also als Verfechter einer eher lockeren Geldpolitik. Das dürfte aktuell für ihn sprechen. Den Nachfolger wollen die Euro-Finanzminister auf ihrem Treffen am 11. Februar bestimmen.Der in Deutschland geborene Belgier Praet gehört seit Juni 2011 dem EZB-Direktorium an. Der Sprung nach Frankfurt gelang ihm aber erst beim dritten Anlauf wegen des stets neu arrangierten nationalen Proporzes und Ausgleichs. Als im Gerangel um den Posten des EZB-Präsidenten der Deutsche Axel Weber die Brocken hinwarf, nominierte Berlin 2011 Jörg Asmussen. Der ersetzte dann zwar den ebenfalls zurückgetretenen Jürgen Stark, wurde aber nicht wie dieser Chefvolkswirt, sondern bekam das Ressort Internationales. Den Chefvolkswirtposten erhielt Praet.Dessen ökonomische Expertise ist untadelig. 1980 promovierte er an der Freien Universität Brüssel in Wirtschaftswissenschaften, wo er auch viele Jahre forschte und lehrte. In den 70er Jahren arbeitete er als Volkswirt beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, später als Chefvolkswirt der Fortis Bank. Im Jahr 2000 wechselte er zur belgischen Zentralbank, war bis zu seiner EZB-Verpflichtung aber auch kurz für das belgische Finanzministerium tätig. “Taube” im DirektoriumPraet ist ein offener und umgänglicher Mensch, zudem in der Lage, auch einem größeren Publikum die großen Bögen der Geldpolitik zu erklären. Auch in seiner Zeit als EZB-Chefökonom und als erster Ansprechpartner für den EZB-Präsidenten hielt Praet nicht hinterm Berg mit seiner Meinung und ging offen mit seiner Zuschreibung als geldpolitische “Taube” um. Zuletzt verteidigte er selbst in Zeiten wieder ansteigender Inflation die nach wie vor lockere Geldpolitik und die Anleihenkäufe der Notenbank. Für die deutsche ordnungspolitische Strenge in der Geldpolitik hat er bekundetermaßen nicht so viel übrig. Am Sonntag, dem 20. Januar, feiert Peter Praet seinen 70. Geburtstag.