Pulver trocken halten
Der Handelsstreit mit den USA kostet die chinesische Wirtschaft jede Menge Körner -und hinzu kommen zyklische Abschwungfaktoren. Neue Wirtschaftsdaten für Juli lassen nun zumindest auf den ersten Blick die Alarmglocken schrillen. Das Wachstum der Industrieproduktion ist nach einem Aufbäumen im Juni wieder auf 4,8 % zurückgekommen – der niedrigste Monatswert seit gut 17 Jahren. Bei den Einzelhandelsumsätzen sieht man ebenfalls eine neuerliche Delle. Zudem schwächeln die Anlageinvestitionen.Die Hoffnungen, dass die chinesische Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte aus der laufenden Abkühlung herausfindet, verfliegen zusehends. An Chinas Märkten herrschte gestern dennoch gute Laune. Die Nachricht, dass US-Präsident Donald Trump einen signifikanten Teil der für September geplanten neuen US-Strafzölle auf chinesische Produkte mit Rücksicht auf das Weihnachtsgeschäft und die heimischen Verbraucher auf Mitte Dezember verschoben hat, sorgte zumindest zeitweise für gute Stimmung.Die jüngste Entspannungsgeste im Handelsstreit könnte einen einstweiligen chinesischen Exportschub nach sich ziehen, ist aber freilich nur ein Trostpflaster. Die immer neuen Unsicherheiten aus dem Handelskonflikt werden dem Industriesektor und dem Konsumvertrauen weiter zusetzen. Zudem lassen neueste Daten zum Kreditvergabetempo und zu den Anlageinvestitionen befürchten, dass bisherige fiskalische und monetäre Impulse noch nicht die gewünschte Wirkung erbracht haben.Gilt es nun also die Stimulierungsdosis rasch zu erhöhen – etwa durch klare monetäre Impulse wie eine Leitzinssenkung? Im Zweifelsfall nein. Die Wirtschaftsdaten in den vergangenen Monaten sind äußert volatil und von saisonalen Faktoren beeinflusst, heißt es in Peking. Insgesamt sei die Wirtschaftsentwicklung weiterhin relativ stabil. Chinas Wirtschaftsplaner dürften sich vorerst mit großen Impulsen zurückhalten. Pessimisten gehen davon aus, dass sich Chinas Wachstum nach 6,3 % in der ersten Jahreshälfte im dritten und vierten Quartal auf bis zu 6 % abschwächt. Damit würde man die offizielle Zielvorgabe für 2019 von 6 % bis 6,5 % aber immer noch erreichen.Das ewige Auf und Ab im Handelskonflikt setzt der Wirtschaft zu, aber bringt sie noch nicht zum Entgleisen. Chinas Staatsführung will sich nicht die Blöße geben, die Wirtschaftspolitik zu eng an Trumps Kapriolen auszurichten. Es gilt zunächst bis zum Herbst das Pulver trocken zu halten. Erst wenn der Handelsstreit vollends eskaliert, wird man die schweren Stimulierungsgeschütze auffahren.