Ratingagenturen verlieren die Geduld mit Paris
Nur wenige Tage nach der Ratingagentur Fitch hat nun auch Morningstar DBRS die Bonität Frankreichs herabgestuft. Das Emittentenrating des Landes wurde von AA (hoch) auf AA heruntergenommen. Wie Fitch hat auch DBRS damit die Konsequenzen aus den jüngsten politischen Turbulenzen gezogen und der davon abgeleiteten Erkenntnis, dass „der Weg zur Haushaltskonsolidierung in Frankreich langsamer verlaufen wird als im Oktober 2024 vorgestellten mittelfristigen Haushaltsplan vorgesehen“.
Die Herabstufung erhöht die Finanzierungskosten des Staates, weil damit auch die Zinskosten steigen. Außerdem steht Frankreich zu ähnlich bewerteten Ländern wie Italien oder Griechenland schlechter da, was den Portfoliomix der Investoren für Frankreich verschlechtern und möglicherweise auch die Nachfrage verringern könnte. Zumal die sinkende Bonität Frankreichs in starkem Kontrast zu der in Italien steht, dessen Renditen am Finanzmarkt inzwischen nicht nur unter jenen von Paris liegen, auf das auch die Ratingagenturen immer wohlwollender blicken.
Fitch stuft Italien hoch
Ebenfalls zum Wochenende hatte die Ratingagentur Fitch nämlich die Bewertung italienischer Papiere um einen Schritt auf BBB+ angehoben; drei Stufen über Junk-Niveau. Es war das erste Upgrade seit 2021. Fitch hob vor allem die verbesserten fiskalischen Aussichten und die politische Stabilität hervor. „Die Heraufstufung spiegelt das gestiegene Vertrauen in die finanzpolitische Entwicklung Italiens wider, das durch eine zunehmend umsichtige Finanzpolitik und das starke Bekenntnis zur Erreichung der kurz- und mittelfristigen finanzpolitischen Ziele im Rahmen des neuen EU-Finanzrahmens untermauert wird“, erklärten die Bonitätswächter. „Ein stabiles politisches Umfeld, anhaltende Reformdynamik und verringerte außenwirtschaftliche Ungleichgewichte verbessern die Kreditkennzahlen Italiens zusätzlich.“
Innenpolitische Fragmentierung
DBRS wiederum zeigt sich – genauso wie Fitch vor einer Woche – bezüglich Frankreich diesbezüglich immer pessimistischer. Die Analysten verweisen auf die „zunehmende innenpolitische Fragmentierung und den geringen politischen Konsens in den letzten Jahren“. Dieses politische Umfeld und die zunehmende Instabilität der Pariser Regierung schränkten die Wirksamkeit der finanzpolitischen Maßnahmen ein, heißt es.
Erst am 9. September musste Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Sebastien Lecornu einen neuen Premierminister ernennen, nachdem der Vorgänger keine Einigung im Parlament über einen neuen Haushalt erzielen konnte. Bislang hat aber auch der neue Regierungschef nicht darlegen können, wie er mit den Oppositionspolitikern, die höhere Steuern und einen langsameren Abbau des Defizits fordern, zu einem Kompromiss kommen will.
Bevölkerung gegen Konsolidierung
Lecornu sieht sich zudem auch mit massiven Straßenprotesten und Streiks gegen den Plan seines Vorgängers Francois Bayrou konfrontiert, das Haushaltsdefizit von voraussichtlich 5,4% in diesem Jahr auf 4,6% der Wirtschaftsleistung im Jahr 2026 zu senken. Seit Macrons vorgezogenen Wahlen im Juli 2024, die zu einem Patt im Parlament zwischen unversöhnlichen Fraktionen führten, hat keine Regierung mehr die öffentlichen Finanzen fest im Griff, monieren die Ratingagenturen unisono. Auch Bayrous Vorgänger Michel Barnier musste im Dezember vergangenen Jahres wegen seiner Bemühungen zur Reduzierung des Defizits zurücktreten.
Die politischen und fiskalischen Turbulenzen haben auch zu einem Ausverkauf französischer Vermögenswerte geführt, wodurch die Kreditkosten des Landes im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gestiegen sind. Die Prämie für französische Anleihen gegenüber deutschen Anleihen hat sich seit Macrons verfügte Neuwahl des Parlaments 2024 fast verdoppelt. Nach Angaben des IWF werden die Zinskosten von noch 1,3% im Jahr 2020 auf 2,6% im Jahr 2027 zulegen. Demgegenüber liegen sie im Schnitt des Euroraums bei 2.0%.
Politik schwächt Wirtschaft
Die politische und fiskalische Situation beginnt sich zunehmend auch auf die Wirtschaft auszuwirken, da Unternehmen und Haushalte mit Investitionen und Ausgaben zögern. Während die Gesamtproduktion in der ersten Jahreshälfte stärker als erwartet gestiegen ist, deuten die jüngsten Prognosen der Banque de France und des Statistikamtes Insee auf eine weitere Abschwächung aufgrund der Unsicherheit hin.
DBRS erklärte, dass es zwar derzeit einen stabilen Ausblick für sein Rating für Frankreich habe, aber eine weitere Herabstufung vornehmen könnte, wenn die Regierung mittelfristig die strukturellen Haushaltsungleichgewichte nicht behebt und die Schuldenquote absehbar weiter in Richtung 125% der Wirtschaftsleistung steigt.
Nach Fitch und DBRS harren die Analysten nun den Voten der anderen Ratingagenturen Scope, Moody's und S&P. Scope legt am 26. September vor, Moody's folgt dann am 24. Oktober und S&P am 28. November. Um den aktuellen Herabstufungstrend für Frankreich zu bremsen oder gar zu stoppen, müsste die neue Regierung bis dahin schon Signale senden können, dass sie auf dem Weg der politischen Kompromisse und der Haushaltskonsolidierung wenigstens ein paar Schritte vorankommt, meinen Ökonomen.