NOTIERT IN MADRID

Real Madrid könnte bald vor 2 000 Zuschauern spielen

Mit einer Mischung aus Neid, Anerkennung und großem Interesse haben viele Fußballfans in Spanien in den letzten Wochen die Spiele der Bundesliga verfolgt, die als erste der großen Ligen den Neustart gewagt hatte. Diese Woche rollt auch hierzulande...

Real Madrid könnte bald vor 2 000 Zuschauern spielen

Mit einer Mischung aus Neid, Anerkennung und großem Interesse haben viele Fußballfans in Spanien in den letzten Wochen die Spiele der Bundesliga verfolgt, die als erste der großen Ligen den Neustart gewagt hatte. Diese Woche rollt auch hierzulande wieder der Ball. Beim andalusischen Stadtderby zwischen dem FC Sevilla und Betis kann man diesmal auf das sonst übliche Polizeiaufgebot eines Hochrisikospiels verzichten. Denn auch die Stars von La Liga müssen vorerst vor leeren Rängen kicken.Doch wie lange noch? Die spanische Regierung hat einem Teil der Fußballanhänger Mut gemacht, dass noch vor Ende der laufenden Saison wieder Zuschauer ins Stadion gehen können. Am Dienstag verabschiedete das Kabinett von Ministerpräsident Pedro Sánchez ein Gesetz, das die allgemeinen Regeln zur Kontrolle des Sars-CoV-2 nach Ende des Alarmzustandes am 21. Juni festlegt. Dann wird nach dem sehr langen und strengen Lockdown das meiste wieder erlaubt sein. Doch manche Einschränkungen sind fortgeschrieben, bis ein Impfstoff oder eine Behandlungsmethode für Corona gefunden ist. Das gilt für das Tragen von Gesichtsschutz, die Einhaltung des Sicherheitsabstands und die Begrenzung des Publikums bei größeren Veranstaltungen auf 30 % der verfügbaren Plätze.Einige Bosse der spanischen Fußballklubs und Liga-Chef Javier Tebas dringen nun darauf, dass bei den ausstehenden elf Spieltagen der Primera División wo immer möglich die Ränge zu einem Drittel gefüllt werden. Dadurch würde der finanzielle Schaden für die Vereine, welche Saisonkarteninhaber sonst für die Geisterspiele entschädigen müssten, etwas begrenzt. Die Bundesliga kann dagegen wegen des allgemeinen Verbots von Großveranstaltungen bis zum 31. August erst in der neuen Saison wieder auf Fans im Stadion hoffen. Tebas, der mit umstrittenen Vorstößen bei der Vermarktung von La Liga, wie der Austragung von Spielen in den USA, schon öfters angeeckt ist, wurde nun von Regierungschef Sánchez in die Schranken gewiesen. Der Sozialist, der selbst mehr dem Basketball zugeneigt ist, warnte vor der Wettbewerbsverzerrung, sollten einige Teams vor heimischem Publikum spielen können und andere nicht. Denn die Lage der Corona-Pandemie ist auch in Spanien regional sehr unterschiedlich. In manchen Städten ließe sich eine Großveranstaltung mit 10 000 Teilnehmern eventuell wieder vertreten, anderswo aber eher nicht.Ein paar Klubs können sowieso keine Zuschauer mehr reinlassen, da sie die virusbedingte Zwangspause zu Umbauarbeiten ihrer Sportstätten genutzt haben, wie etwa der CA Osasuna aus Pamplona oder die UD Levante aus Valencia. Im Bernabéu-Stadion klafft dieser Tage ein riesiger Krater anstelle des weltbekannten Grüns. Hausherr Real Madrid hat die für den Sommer geplanten Arbeiten im Innenraum wegen der Pandemie vorgezogen. Das Estadio Santiago Bernabéu wird zu einer ultramodernen Multifunktionsarena mit verschließbarem Dach und herausfahrbarem Rasen umfunktioniert. Das Starensemble der Königlichen soll den Rest der Saison im Estadio Alfredo die Stefano absolvieren, einer kleinen Anlage auf dem Trainingsgelände von Real Madrid nahe des Flughafens. Dort passen maximal 6 000 Zuschauer hinein. Aufgrund der Corona-Einschränkungen könnten also höchstens 2 000 Personen den Ballkünsten von Toni Kroos, Sergio Ramos oder Karim Benzema folgen. Außer dem erweiterten Vorstand, Mitarbeitern und Angehörigen der Spieler wäre da nicht mehr viel Platz für Fans. Der ewige Rivale und derzeit mal wieder größte Konkurrent um den Titel, der FC Barcelona, könnte dagegen mehr als 30 000 Anhänger in sein Camp Nou packen.Wie bei der umstrittenen Entscheidung zum Wiederbeginn der Bundesliga in Deutschland haben auch die Pläne in Spanien, als erste große Liga wieder vor Publikum zu spielen, nicht nur Begeisterung ausgelöst. Für viele Menschen ist es unverständlich, dass Spiele vor zehntausenden Zuschauern stattfinden könnten, während Volksfeste und Musikfestivals abgesagt werden müssen. Das letzte Wort darüber, ob und wo diese Saison noch Fans ins Stadion gelassen werden, hat aber die Regierung, die nach Absprache mit den jeweiligen Regionalverwaltungen entscheiden wird.