Rechnungshof sieht „erhebliche Risiken“ für Bundeshaushalt
ahe Brüssel
Der Bundesrechnungshof hat in einem Sondergutachten deutliche Kritik an dem 750 Mrd. Euro großen EU-Wiederaufbaufonds geübt. Die Prüfer verweisen dabei insbesondere auf den fehlenden Tilgungsplan, ein zu hohes Garantievolumen und das Setzen falscher Anreize. „Faktisch handelt es sich um eine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung – eine Zäsur“, betonte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller. „Für den Bundeshaushalt birgt das erhebliche Risiken.“ Bundestag und Bundesrat beraten aktuell über das „Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz“, über das der EU-Haushalt bis 2027 sowie die Finanzierung des Wiederaufbaufonds gebilligt wird.
Der Rechnungshof verweist darauf, dass eine 30-jährige Tilgung der gemeinschaftlich über die EU-Kommission aufgenommenen Mittel vorgesehen ist und die finanziellen Auswirkungen des Fonds damit bis weit in die nächste Generation zu spüren seien. Trotzdem gebe es keinen verbindlichen Tilgungsplan, monierte Scheller. Dabei sei es einfacher, sich auf die Rückzahlung der Schulden zu verständigen, bevor das Geld ausgegeben werde. „Als Kriseninstrument in einem Akt der Solidarität geschaffen, darf der Wiederaufbaufonds in einigen Jahren nicht zu einer Zerreißprobe für die EU werden.“
Scheller will die Analyse aus seinem Haus nicht als Aufforderung an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung verstanden wissen, den Wiederaufbaufonds noch zu stoppen, bis ein Tilgungsplan vorliegt. Deutschland werde aber voraussichtlich 65 Mrd. Euro mehr zahlen, als es selbst an Zuschüssen bekomme. Hinzu kämen weitere Haftungsrisiken in dreistelliger Milliardenhöhe. „Das muss der Gesetzgeber bei seiner Willensbildung im Blick haben.“
Nachbesserungen fordert der Bundesrechnungshof auch beim Garantievolumen und fordert, dieses „deutlich zurückzufahren“. Die derzeit geplante Anhebung der Eigenmittelobergrenze führe dazu, dass der Aufbaufonds „übersichert“ sei, hieß es. Im Bericht ist von einem Garantievolumen von mindestens 4000 Mrd. Euro die Rede, also die fünffache Summe des Fonds.
Garantievolumen zu hoch
Plausibel sei eher eine in der Fachwelt diskutierte Absicherung von bis zu 1500 Mrd. Euro, erläuterte Scheller. Auch beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sei ja eine Absicherung von 40% als ausreichend erachtet worden. Der vorgesehene Spielraum könnte nach Einschätzung des Rates „Begehrlichkeiten wecken, Spekulationen über eine Verstetigung der Verschuldung befeuern und dazu verleiten, den Tilgungsbeginn hinauszuzögern.“
Der Rechnungshof machte sich darüber hinaus dafür stark, dass die Schulden des Wiederaufbaufonds anteilig auf die Schuldenstände der EU-Staaten angerechnet werden. So würden die nationalen Fiskalregeln auch für EU-Schulden greifen und disziplinierend wirken. Wichtig sei auch, dass sich der Aufbaufonds und die gemeinschaftliche Kreditaufnahme nicht zu einer Dauereinrichtung entwickele, hieß es. Dies müssten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung verhindern, forderte der Rechnungshof in dem Bericht.