Russlands BIP fällt weniger als befürchtet

Kein Lockdown trotz hoher Infektionszahlen

Russlands BIP fällt weniger als befürchtet

est Moskau – Auch wenn Russland zusätzlich zum Corona-Schock noch den beispiellosen Ölpreisverfall als Schlag abbekommen hat, erweist sich die Wirtschaft als robuster als befürchtet. Das jedenfalls legen die vorläufigen Daten nahe, die das staatliche Statistikamt Rosstat am Mittwoch veröffentlicht hat. Ihnen zufolge ist die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 8,5 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 eingebrochen. Das Wirtschaftsministerium hatte eine Kontraktion von 9,6 % prognostiziert.Für das Gesamtjahr divergieren die Prognosen stark. Die OECD veranschlagt für Russland ein Minus von 8 %, der Internationale Währungsfonds eines von 6,6 %, während die russische Zentralbank minus 4,5 % bis minus 5,5 % prophezeit. All diese Prognosen setzen freilich eine relativ gute Erholung der Wirtschaft und des Ölpreises im zweiten Halbjahr sowie das Ausbleiben einer zweiten Infektionswelle voraus.Erst dieser Tage hatte die renommierte Moskauer Higher School of Economics (HSE) in einer vergleichenden Analyse bescheinigt, dass das Land, das wohlgemerkt die weltweit viertmeisten Infektionsfälle hinter den USA, Brasilien und Indien aufweist, in der Coronakrise wirtschaftlich relativ gut weggekommen ist. Die Wirtschaftsleistung werde daher laut HSE 2020 um 5,5 % sinken, während die Weltbank dem globalen BIP eine Kontraktion um 5 bis 7,1 % prognostiziert. Zum Vergleich: In der Finanzkrise 2009 war das globale BIP um 1,7 % eingebrochen, während Russlands BIP um 7,9 % abgesackt war.In der aktuellen Krise ist Russlands Strategie insofern bemerkenswert, als der Staat große Teile der Wirtschaft uneingeschränkt am Laufen gehalten hat. Dazu kommt das Moment, dass im Unterschied zu vielen westeuropäischen Staaten der Anteil des Dienstleistungssektors am BIP relativ gering ist. Die Corona-Pandemie hatte die Dienstleister besonders hart getroffen. Vom Westen unterschied sich freilich auch die Bereitschaft der Regierung, die Wirtschaft mit entsprechenden Programmen anzukurbeln. Mit 2,9 % des BIP seien die Gesamtausgaben dafür mit die niedrigsten innerhalb der G20-Staaten, schreibt die HSE.