Scharfe Kritik am digitalen Euro
EZB-Konzept für digitalen Euro erntet scharfe Kritik
Wuermeling bemängelt fehlende Innovationskraft – Bofinger nennt Pläne „naiv“
mpi Frankfurt
Der ehemalige Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling sieht die EZB an einer wichtigen Weggabelung, um Fehler am Design des digitalen Euro noch zu beseitigen. Das jetzige Konzept entfalte weniger Innovationspotential als möglich. „Die EZB sollte gut überlegen, ob sie auch angesichts der Herausforderungen durch Stablecoin, nicht einen neuen Ansatz wählt“, sagt er im Doppelinterview der Börsen-Zeitung.
Sein Gesprächspartner, der frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger, geht mit dem digitalen Zentralbankgeld der EZB noch härter ins Gericht. „Es ist naiv von der EZB zu glauben, sie könnten mit dem digitalen Euro gegen die Stablecoins angehen.“ Dies funktioniere schon allein deshalb nicht, weil der digitale Euro im aktuellen Design nur von Privatpersonen und nicht von Unternehmen gehalten werden kann.
Begrenzungen beim digitalen Euro
Auch Wuermeling würde ein Konzept befürworten, bei dem es Firmen möglich ist, selbst digitale Euro zu halten und bei dem zudem das Zentralbankgeld auch für Transaktionen außerhalb der Eurozone zum Einsatz kommen könnte. Er hält es daher für richtig, sollte die EZB entgegen den bisherigen öffentlichen Äußerungen den digitalen Euro als Token für Blockchain-Anwendungen zur Verfügung stellen. „Dann würden die ganzen Begrenzungen, die es im ursprünglichen Konzept gibt, entfallen.“
Stablecoins erhöhen Druck
Die EZB sieht sich selbst unter Druck gesetzt durch das verstärkte Aufkommen von in Dollar denominierten Stablecoins. Diese könnten die Wettbewerbsfähigkeit des digitalen Euro schwächen, befürchten manche der Notenbanker – erst recht, wenn sich die Einführung des digitalen Euro verzögere.
Verzögerung im Zeitplan der EZB
Danach sieht es allerdings aus. Die sogenannte Vorbereitungsphase für die neue Form des Zentralbankgeldes läuft noch bis Ende Oktober. Dann wollte der EZB-Rat eigentlich auf Grundlage einer neuen EU-Gesetzgebung über die Einführung entscheiden. Das Verfahren in der EU dauert jedoch länger. Inzwischen rechnet auch der für den digitalen Euro zuständige EZB-Direktor Piero Cipollone mit einer Gesetzesgrundlage erst in Richtung des zweiten Quartals 2026.
Dann dürfte es nach seiner Einschätzung noch zweieinhalb bis drei Jahre dauern, bis der digitale Euro kommt. Zweifel an einem Beschluss zur Einführung lassen die EZB-Räte nicht aufkommen. Daher rechnen auch Wuermeling und Bofinger fest damit. „Die EZB muss liefern, nachdem sie bereits so viel Aufwand betrieben hat“, sagt Bofinger. „Ob der digitale Euro aber ein Erfolg wird, da bin ich sehr skeptisch.“
Im Interview Seite 7