Einkaufsmanagerindex

Schere in Euro-Wirtschaft geht immer weiter auf

Die Euro-Wirtschaft hat einen überraschend guten Quartalsstart hingelegt. Sorgen bereitet allerdings, dass das kräftigste Wachstum gemessen am Einkaufsmanagerindex seit Mai 2022 allein von den Dienstleistern getragen wird.

Schere in Euro-Wirtschaft geht immer weiter auf

Schere in Euro-Wirtschaft geht immer weiter auf

Einkaufsmanagerindex zeigt kräftigeres Wachstum, getragen von den Dienstleistern – Industrie schwächelt

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft ist mit einem kräftigen Wachstum ins zweite Quartal gestartet. Gemessen am Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft, dem Industrie und Dienstleister zusammenfassenden PMI Composite, haben die wieder anziehende Nachfrage und der kräftigste Stellenaufbau seit einem Jahr den stärksten Aufschwung seit elf Monaten getragen. Ökonomen zeigen sich allerdings besorgt, dass das Wachstum ausschließlich von den Dienstleistern stammt, während die Industrie schwächelt. Der Preisdruck ließ indes weiter nach, und der Blick in die Zukunft fiel optimistisch aus.

„Insgesamt freundliches Bild“

Der um 0,7 auf 54,4 Punkte gestiegene PMI zeige „ein insgesamt sehr freundliches Bild einer sich weiter erholenden Konjunktur“, kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, die neuer Namensgeber des an den Märkten viel beachteten Frühbarometers ist. Ein genauerer Blick auf die vorläufigen Daten offenbare aber, dass das Wachstum sehr ungleich verteilt ist. So habe sich „die Schere zwischen dem teilweise boomenden Dienstleistungssektor auf der einen Seite und dem schwächelnden verarbeitenden Gewerbe auf der anderen Seite weiter aufgetan“. Der Index für den Servicesektor im April legte um 1,6 auf 56,6 Punkte zu. Ökonomen hatten zwar den fünften Anstieg in Folge erwartet, aber nur auf einen Wert von 54,5 Zählern. Das Industriebarometer gab hingegen weiter nach, und zwar um 1,8 auf 45,5 Punkte und damit weiter in den rezessiven Bereich. Erst Werte oberhalb der neutralen 50-Punkte-Marke signalisieren Wachstum. „Doch auf Dauer werden sich die Dienstleistungen kaum von der Talfahrt in der Industrie abkoppeln können“, mahnt auch Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Insbesondere die unternehmensnahen Dienstleistungen könnten schon bald die Schwäche in der Industrie zu spüren bekommen, darüber hinaus würden die deutlich gestiegenen Zinsen mit der üblichen zeitlichen Verzögerung auch die Nachfrage nach Dienstleistungen bremsen, sagte Weil. Noch aber profitiere der Dienstleistungssektor von einer Normalisierung der Nachfrage nach dem Ende der Corona-Beschränkungen.

Die Industrie profitiert derweil vom nachlassenden Lieferkettenstress und der Wiederöffnung Chinas. Allerdings war der Auftragseingang im Jahresverlauf 2022 schwach ausgefallen, so dass „es am nötigen Polster fehlt, um wirklich in diesem Jahr kräftig durchzustarten“, erinnert Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Belastend wirkten auch „die zunehmenden geopolitischen Spannungen und die ganz offensichtliche Blockbildung zwischen Ost und West“. Bemerkenswert ist für de la Rubia auch der scharfe Rückgang der Industrieproduktion in Frankreich, der teilweise auf Sondereffekte zurückzuführen sei, „wo ein Teil der Unternehmen vermutlich erheblich unter den Protestaktionen gegen die von der Regierung Macron beschlossene Rentenreform gelitten haben“. Während der PMI Composite für Frankreich um 1,1 auf 53,8 Punkte kletterte, stieg das deutsche Pendant um 1,3 auf 53,9 Zähler und damit den höchsten Stand seit zwölf Monaten. Das Wachstum in den beiden Euro-Schwergewichten kam dabei ebenfalls von den Dienstleistern.