NOTIERT IN BERLIN

Schlafende Vermögen für agile Start-ups

Seit die Corona-Pandemie Löcher in öffentliche und private Kassen reißt, elektrisieren Nachrichten über verborgene Schätze besonders. Milliardenbeträge sind es, die auf sogenannten nachrichtenlosen Konten und in Wertpapierdepots bei Banken und...

Schlafende Vermögen für agile Start-ups

Seit die Corona-Pandemie Löcher in öffentliche und private Kassen reißt, elektrisieren Nachrichten über verborgene Schätze besonders. Milliardenbeträge sind es, die auf sogenannten nachrichtenlosen Konten und in Wertpapierdepots bei Banken und Sparkassen hierzulande schlummern. Handfeste Zahlen gibt es dazu nicht, da es an Meldepflichten fehlt. Schätzungen zufolge dürfte sich das Vermögen auf 2 Mrd. bis 9 Mrd. Euro belaufen, das die Kreditinstitute mitschleppen. Es sind meist Konten und Depots verstorbener Kunden, deren Erben nichts von ihrem Glück wissen. Banken und Sparkassen sind nach Handels- und Steuerrecht verpflichtet, diese verzinslichen Posten 30 Jahre lang zu bilanzieren, bevor sie diese ausbuchen dürfen.Seit geraumer Zeit gibt es hierzulande Überlegungen, der Idee anderer Industrieländer zu folgen und mit dem schlafenden Geld Gutes zu tun. In Großbritannien landet ein Teil der Mittel von schlafenden Konten im “Big Society Capital”. Mittlerweile hat der Förderfonds in Wohlfahrtsunternehmen und Wohltätigkeitsprojekte rund 640 Mill. Pfund eigene Mittel investiert und 1,4 Mill. Pfund Kapital von anderen Investoren mobilisiert. Unter den Anteilseignern sind auch Barclays, HSBC, Lloyds Banking Group and Natwest Group.Die Grünen im Bundestag hatten schon in der vergangenen Legislaturperiode bei der Bundesregierung nachgebohrt, ob es Überlegungen gibt, die schlafenden Konten aufzuwecken. Der Gesetzgeber müsste dafür rechtliche Vorgaben für ein zentrales Melderegister schaffen oder die Möglichkeit der Datenermittlung für Erben über den automatisierten Kontenabruf. Noch vor einem Jahr antwortete die Bundesregierung auf den erneuten Vorstoß der Grünen, es seien keine gesetzlichen Maßnahmen geplant. Die FDP hatte in diesem März zu dem Vorhaben einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Darin fordert sie, dass die Mittel in einen Dachfonds bei der KfW Capital fließen, der deutschen Start-ups Risikokapital bereitstellt.Neuerdings kommt Bewegung in die Sache. Im Juli hatte Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht, mit der die Kreditinstitute Sterbeinformationen über das Bundeszentralamt für Steuern erhalten und bei erfolgloser Erbenermittlung die Daten an ein neu zu schaffendes Register melden. Hilbers rechnete vor, dass aktuell die Kreditwirtschaft mit rund zwei Dritteln und der Staat mit einem Drittel – wegen fälliger Steuern – beteiligt ist, wenn schlafende Vermögen ausgebucht werden. Der Entwurf wird derzeit noch im Bundesrat beraten. Auch die Bundesregierung wird nun aktiver. Auf eine neuerliche Anfrage der FDP teilte sie dieser Tage nicht nur mit, dass sie Gespräche mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland und der KfW geführt hat, sondern auch eine Studie ausschreibe. Die Auftragnehmer sollen eine rechtliche Definition für nachrichtenlose Vermögenswerte vorschlagen, die Höhe der Mittel belastbar abschätzen und Fragen zu einem zentralen Melderegister klären. Dies sind erste Schritte, um den Schatz zu heben.