Konjunktursorgen machen sich bemerkbar

Schwache Nachfrage nach Firmenkrediten

Kurz vor dem Zinsentscheid der EZB zeigen neue Daten ein verschärftes Kreditvergabeverhalten der Banken in der Eurozone und sinkende Inflationserwartungen der Verbraucher.

Schwache Nachfrage nach Firmenkrediten

Schwache Nachfrage nach Firmenkrediten

Unternehmen in der Eurozone zurückhaltend – Konsumenten rechnen mit weniger Inflation

mpi Frankfurt

Kurz vor dem Zinsentscheid der EZB am Donnerstag erhält die Notenbank frische Daten zum Kreditgeschäft in der Eurozone und den Inflationserwartungen der Verbraucher. Das nur verhaltene Wirtschaftswachstum in Europa lässt Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger werden. Wie aus dem Bank Lending Survey (BLS) der Europäischen Zentralbank hervorgeht, haben die befragten Institute ihre Kreditstandards für Darlehen an Unternehmen im dritten Quartal überraschend leicht verschärft. Damit sind interne Richtlinien und Vergabekriterien der Banken gemeint.

Die Geldhäuser begründen diesen Schritt mit größeren wahrgenommenen Risiken für den Wirtschaftsausblick in der Eurozone. Sie nannten auch die derzeit hohe geopolitische Unsicherheit und die Handelsrisiken als Gründe, weswegen sie bei der Kreditvergabe an Unternehmen aus bestimmten Sektoren strenger geworden sind.

Transmission der Geldpolitik

Die Nachfrage der Unternehmen nach Krediten legte im dritten Quartal leicht zu. „Aber insgesamt blieb sie schwach“, heißt es im BLS. Die EZB beobachtet das Kreditgeschäft in der Eurozone auch deshalb genau, um beurteilen zu können, wie stark die Transmission der Geldpolitik auf die Wirtschaft ist. So führen niedrigere Leitzinsen zu günstigeren Bankkrediten, was wiederum die Konjunktur belebt und so tendenziell die Inflation erhöht. Wenn die geldpolitische Transmission schwächer ausfällt, etwa, weil Banken zurückhaltend bei der Kreditvergabe sind, kann dies stärkere Zinsanpassungen der EZB nötig machen, um das gewünschte Resultat zu erzielen. EZB-Chefökonom Philip Lane sagte kürzlich, dass er derzeit keine gravierenden Störungen der Transmission feststellt. Neue makroökonomische Schocks könnten dies jedoch ändern.

Während die Kreditnachfrage der Unternehmen schwach bleibt, stieg die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten laut BLS deutlich. Die Nettonachfrage legte um 28 Prozentpunkte zu. Damit ist die Differenz gemeint zwischen der Anzahl der Institute, die eine höhere Nachfrage feststellen und denjenigen, die von einem geringeren Bedarf berichten.

Inflationserwartungen der Verbraucher sinken

Die kurzfristigen Inflationserwartungen der Verbraucher in der Eurozone sind der EZB zufolge derweil im September leicht gesunken. Im Median gaben die Befragten an, dass sie eine Inflation in Höhe von 2,7% in einem Jahr erwarten. Einen Monat zuvor hatte die Inflationserwartung noch 2,8% betragen. Die mittelfristige Vorhersage auf Dreijahressicht blieb dagegen stabil bei 2,5%. Auf Sicht von drei Jahren rechnen die Verbraucher nach wie vor mit 2,2%.

Die Inflation im Euroraum lag im September bei 2,2%. Die vorläufigen Daten für Oktober veröffentlicht Eurostat am Freitag und damit einen Tag nach dem Zinsentscheid der EZB. Ökonomen erwarten mehrheitlich einen Rückgang der Teuerung auf 2,1 oder 2,0%. Die EZB prognostiziert für das kommende Jahr sogar ein Unterschreiten des mittelfristigen Inflationsziels von 2,0%.

Lagarde bricht Schweigeperiode

Während der gesamte Warenkorb seit längerem um den Zielwert der EZB schwankt, ist die Teuerung bei einzelnen Komponenten deutlich höher. Neben Dienstleistungen gilt dies insbesondere für Nahrungsmittel. „Wir müssen weiterhin dafür sorgen, dass die Lebensmittelinflation sinkt, denn Lebensmittel sind wichtig“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Dienstag auf einem Markt in Florenz. Der Zinsentscheid am Donnerstag findet dieses Mal ausnahmsweise in Italien statt. Die wenig kontroverse Aussage Lagardes ist streng genommen ein Verstoß gegen die 7-tägige Schweigeperiode für EZB-Ratsmitglieder vor einem Zinsentscheid. In diesem Zeitraum dürfen sie sich nicht zu geldpolitischen Themen äußern.