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Spaniens konservative Opposition setzt auf Rechtskurs

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 19.2.2019 Sämtliche Umfragen sagen der konservativen Volkspartei bei den vorgezogenen Neuwahlen in Spanien am 28. April empfindliche Stimmverluste gegenüber 2016 voraus und sehen die PP klar hinter den...

Spaniens konservative Opposition setzt auf Rechtskurs

Von Thilo Schäfer, Madrid Sämtliche Umfragen sagen der konservativen Volkspartei bei den vorgezogenen Neuwahlen in Spanien am 28. April empfindliche Stimmverluste gegenüber 2016 voraus und sehen die PP klar hinter den Sozialisten. Und dennoch kann sich ihr Vorsitzender Pablo Casado berechtigte Hoffnungen darauf machen, den Sozialisten Pedro Sánchez vom Posten des Ministerpräsidenten zu verdrängen. Denn nach den jüngsten Meinungsumfragen scheint eine parlamentarische Mehrheit der Konservativen zusammen mit der rechtsliberalen Ciudadanos und der neu auf den Plan getretenen rechtsradikalen Vox durchaus möglich.Vor einem Jahr war Casado noch ein einfacher Abgeordneter und Mitglied des Vorstandes der von Ministerpräsident Mariano Rajoy geführten PP. Der heute 38-Jährige war ein Vertreter der jüngeren Riege, die moderner wirkten und besser die sozialen Netzwerke bedienen konnten. Dann wurde die Minderheitsregierung von Rajoy überraschend von Sánchez mittels eines Misstrauensvotums wegen der Korruptionsskandale zu Fall gebracht. Ebenso überraschend konnte Casado danach als Außenseiter das Rennen um die Parteiführung gegen Rajoys frühere Stellvertreterin Soraya Sáenz de Santamaría für sich entscheiden.Vom ersten Tag an machte der Jurist und Karrierepolitiker klar, dass er die Partei ein gutes Stück nach rechts steuern wolle. Viele Konservative klagten damals darüber, dass die PP unter dem pragmatischen und unaufgeregten Rajoy ihr ideologisches Profil verloren habe. Casado hat seitdem einen klaren Schnitt vollzogen, ohne sich gänzlich von Rajoy zu distanzieren. Denn die Wirtschaftspolitik, die Spanien aus der Rezession führte, ist heute ein wichtiges Erbe im Wahlkampf. Die Korruptionsaffären hat der neue Parteichef für abgeschlossen erklärt. Hart gegen SeparatistenCasado war Chef der Jugendorganisation der PP und Abgeordneter im Regionalparlament in seiner Heimat Madrid. Danach leitete er das Büro des früheren konservativen Ministerpräsidenten José María Aznar, der Rajoy jahrelang wegen dessen moderaten Kurses scharf angegangen war. Casado hat Aznar in den eigenen Reihen nun wieder als ideologisches Vorbild rehabilitiert.Ein Markenzeichen des Oppositionsführers ist das Versprechen von Steuersenkungen. Von anderen wirtschaftspolitischen Plänen Casados ist bislang wenig bekannt, außer kontroversen Überlegungen zu einer Verschärfung des Abtreibungsrechts und den demografisch bewirkten Problemen der Sozialkasse. “Wenn wir die Renten finanzieren wollen, dann müssen wir überlegen, wie wir mehr Kinder erzeugen, statt abzutreiben”, erklärte er in einem Interview. Im Stile anderer rechter Politiker in Europa zielt Casado auch gerne gegen den Feminismus und unterstreicht regelmäßig, dass er “Politik ohne Komplexe” betreibe.Doch das mit Abstand alles überragende Thema ist der Konflikt mit den Separatisten in Katalonien. Nachdem unter Rajoy die Fronten völlig verhärtet waren, bewegte sich Sánchez nach der Machtübernahme im Sommer auf die nationalistischen Parteien zu. Er brauchte deren Stimmen im nationalen Parlament, war aber auch davon überzeugt, dass dieses politische Problem nur im Dialog angegangen werden kann. Casado warf dem Sozialisten vor, mit den “Feinden Spaniens” zu verhandeln, und bezeichnet den Ministerpräsident regelmäßig als “Verräter”.Wäre die PP an der Macht, würde Casado sofort die Autonomierechte aufheben und Katalonien unter Direktverwaltung stellen. Dieser harte Kurs gegen den Separatismus hatte bei den Regionalwahlen in Andalusien im Dezember einen relativen Erfolg. Zwar fuhr die PP mit 21% ihr schlechtestes Ergebnis im einwohnerstärksten Landesteil ein. Dank eines Paktes mit Ciudadanos und Vox stellt sie dort aber erstmals den Ministerpräsidenten.Das soll nun auch auf nationaler Ebene funktionieren. Anders als etwa in Deutschland oder Frankreich haben Spaniens Konservative keine Berührungsängste mit den Rechtsradikalen. Casado ist vielmehr entschlossen und überzeugt davon, mit seinem rechten Kurs den Aufstieg von Vox zu bremsen, obwohl er damit Stimmverluste in der Mitte riskiert.