Staatsschulden

Staatlicher Kreditbedarf steigt weiter

Die Experten der OECD gehen davon aus, dass sich die Kosten der Kreditaufnahme weiter erhöhen dürften. Die durch die Folgen des Ukraine-Krieges verschärften Marktbedingungen bedeuten gerade für Schwellenländer ein erhöhtes Risiko.

Staatlicher Kreditbedarf steigt weiter

Staatsschulden

Staatlicher Kreditbedarf wird weiter steigen

Viele Länder sind mit hohen Refinanzierungsrisiken konfrontiert – OECD mahnt zu Vorsicht bei Fiskalpolitik

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Gesche Wüpper, Paris

Die Experten der OECD gehen davon aus, dass sich die Kosten der Kreditaufnahme weiter erhöhen dürften. Die durch die Folgen des Ukraine-Krieges verschärften Marktbedingungen bedeuten gerade für Schwellenländer ein erhöhtes Risiko, weil ausländische Investoren bei ihren Portfolios auf mehr Sicherheit setzen könnten.

Nach der Covid-Pandemie sorgen die Auswirkungen der Invasion der Ukraine durch Russland für einen Anstieg des staatlichen Kreditbedarfs. Und ein Ende ist nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstmal nicht in Sicht. Denn viele Industriestaaten versuchen, Haushalte und Unternehmen mit Hilfspaketen vor der durch den Ukraine-Krieg befeuerten Inflation zu schützen. „Der staatliche Kreditbedarf dürfte weiter steigen“, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann bei der Vorstellung des OECD-Staatsschuldenausblicks 2023 in Paris.

Die internationale Organisation geht davon aus, dass der Brutto-Kreditaufnahmebedarf der 38 OECD-Mitgliedsländer in diesem Jahr von zuletzt 12,2 Bill. Dollar um rund 6% auf 12,9 Bill. Dollar zulegen wird. Der Netto-Kreditaufnahmebedarf wiederum dürfte von 10,2 Bill. Dollar auf 10,6 Bill. Dollar steigen. Gleichzeitig erwartet die OECD, dass fast die Hälfte der marktfälligen Schulden in Höhe von 23 Bill. Dollar innerhalb der nächsten drei Jahre fällig werden. Die Staatsschuldenquote wiederum dürfte in diesem Jahr stabil bleiben, nachdem sie sich 2022 von ihrem coronabedingten Höchststand 2020 wieder von 88% auf 83% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verringert hat. Damit läge sie aber immer noch zehn Prozentpunkte über dem Vorkrisenniveau, erklären die Experten der OECD.

„Die Kosten der Kreditaufnahme haben sich mehr als verdoppelt und dürften weiter steigen“, sagte Cormann. So dürften sich die Zinsen für Staatsanleihen weiter erhöhen, nachdem sie 2022 bereits von 1,4% im Vorjahr auf 3,3% gestiegen sind. „Die Fiskalpolitik sollte vorsichtig bleiben“, mahnt deshalb der Generalsekretär der OECD. Denn viele Länder stehen wegen gestiegener Zinsen hohen Refinanzierungsrisiken gegenüber. Sie müssen nun einen größeren Anteil ihres Haushalts für die Schuldentilgung aufwenden, weshalb sie in den kommenden Jahren stärkeren Haushaltszwängen unterliegen dürften.

„2023 markiert das Ende einer langen Phase günstiger Refinanzierungsbedingungen für staatliche Kreditnehmer“, erklärte Cormann. Diese müssten sich jetzt an die neue Realität sowie an die sich schnell verändernden und durch die finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges verschärften Marktbedingungen anpassen. Diese Entwicklung zeige, wie wichtig glaubwürdige institutionelle Rahmenbedingungen für das Schuldenmanagement seien, meint der OECD-Generalsekretär. Dabei müssten die Manager von Staatsschulden in der Lage sein, auf sich verändernde Marktbedingungen zu reagieren und sich an sie anzupassen.

Neben den steigenden Zinsen besteht eine weitere Schwierigkeit für sie darin, dass viele Zentralbanken inzwischen von Käufern von Staatsanleihen zu Verkäufern geworden sind, so dass die Privatwirtschaft nun große Volumen neuer Emissionen und Refinanzierungen absorbieren muss. Zudem habe sich die Liquidität der Märkte verschlechtert, so die OECD-Experten. Das wiederum bedeute gerade für Schwellen- und Wachstumsländer einen potenziellen Anstieg des Risikos, da ausländische Investoren bei ihren Portfolios auf mehr Sicherheit setzen könnten.

Nachhaltige Staatsanleihen spielen in Schwellenländern bisher kaum eine Rolle. Fast alle nachhaltigen Staatsanleihen stammen von Industrienationen. Doch der Wert der Emissionen grüner Staatsanleihen ist in den letzten beiden Jahren gesunken. Dabei steigt jedoch laut OECD die Zahl der Länder, die solche Finanzierungsinstrumente nutzen. So seien 2022 zehn neue Länder dazugekommen, seit Anfang dieses Jahres weitere fünf, heißt es dort. Der Bestand nachhaltiger Staatsanleihen beträgt inzwischen mehr als 325 Mrd. Dollar. Der Fokus von 75% davon liegt auf Umwelt- und Klimaprojekten.

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