Steinbrück - vom Kabinett zum Kabarett
Zugegeben, wann immer sich dieser Tage ein Sozialdemokrat in der Öffentlichkeit äußert, ist es nicht ganz einfach zu erkennen, ob es sich um Politik handelt – oder um Satire. Beispielsweise wenn Finanzminister Olaf Scholz erklärt, dass die Chance der Sozialdemokraten, stärkste Partei zu werden, “bei der nächsten Bundestagswahl deutlich größer ist als in vielen Jahren zuvor”.Schwierigkeiten, Politik und Realsatire auseinanderzuhalten, hat man dieser Tage aber auch bei einem ganz besonderen Abend in Offenbach. Denn auch wenn über den beiden Herren auf der Bühne, dem Komiker Florian Schroeder und dem ehemaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, in großen Lettern der Schriftzug “Satireshow Spezial” prangt, geht es an diesem Abend nicht nur darum, das Publikum zu unterhalten. Sondern auch darum, die gepeinigten Seelen der Genossen ein wenig zu streicheln.Aber der Reihe nach: Erst einmal ist es eine verdammt gute Idee, sich Offenbach auszusuchen, wenn man über Sozialdemokraten reden möchte. Denn davon gibt es zumindest in Offenbach noch einige. Viele von ihnen sitzen im Publikum – und haben Gefallen daran, dass sich endlich einmal nicht die anderen über Sozialdemokraten lustig machen, sondern ein Sozialdemokrat über die anderen. Und übrigens – fair enough – auch über die eigene Partei. Etwa über Juso-Chef Kevin Kühnert, der die Sehnsucht nach “Erlösung durch Inkompetenz” bediene und zwar den Nerv der Zeit treffe, aber dabei aus Lehrbüchern zitiere, die noch in Sütterlin erschienen seien. Ja, mit der ihm eigenen Selbstironie spottet Steinbrück sogar über sich selbst: “Einige haben mir ja Arroganz vorgeworfen. Das sind die, die mir nicht das Wasser reichen konnten.”Die Schenkelklopfer über die politische Konkurrenz überlässt Steinbrück seinem Bühnenkollegen Schroeder – etwa wenn der Robert Harbeck als “Coverboy der Landlust” verspottet, die geordnete Rückführung von Horst Seehofer nach Bayern fordert oder darüber lästert, dass die CDU ja jetzt auch eine echte Influencerin habe: Julia Klöckner auf Youtube im Duett mit Nestlé-Deutschland-Chef Marc Aurel Boersch. Allerdings scheint es, dass Steinbrück, seit jeher eine Rampensau und um kaum einen Kalauer verlegen, bei diesen Piesackereien nicht leichten Herzens dem Comedian den Vortritt lässt. “Na, jetzt wanzen Sie sich mal nicht so ran ans Publikum”, ermahnt er zwischenzeitlich seinen Mitspieler.Das Programm ist eine große Tour d’Horizon. Sie beginnt bei Donald Trump, der sogar beim Golf lüge (“Ein Handicap von 2,8 zu behaupten ist so, als würde man sagen, die Queen ist eine Stabhochspringerin”) und endet bei der sich “orbanisierenden” Regierung in Wien (“Österreich ist Deutschland in 20 Jahren, wenn alles schlecht läuft”). Zwischendurch gibt es jede Menge Häme für erziehungsunfähige Eltern, deren Kinder nicht mehr als “schwierig” gelten, sondern als “hochbegabt”. Und die sich eigentlich nicht darüber wundern sollten, dass ihre Steppkes freitags demonstrieren gehen, solange Vater und Mutter “von Düsseldorf nach Köln fliegen”.Dazwischen landen Steinbrück und Schröder immer wieder bei der SPD – und ihrem schwierigen Schicksal, in einer Welt voller Selbstbezogenheit für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu kämpfen. Im Grunde, so beschreibt es Steinbrück, bräuchte die SPD für den Parteivorsitz nun eine Mischung “aus Tarzan, Einstein und Mutter Beimer” – aber er selbst stehe ja leider erst einmal nicht zur Verfügung.Irgendwann an diesem Abend stellt sich Steinbrück dann selbst die Frage, warum er eigentlich in einer Satire-Show auftrete. Darauf gibt er zwei Antworten. Zum einen, weil er es möge, zu unterhalten – und trotzdem die ein oder andere Botschaft unterzubringen. Zum anderen erinnert er daran, dass er in der Schule zweimal sitzen geblieben sei. Da habe man zu ihm gesagt: “Du musst beruflich unbedingt etwas mit Quatschen machen.” Und damit ihm die Genossen seine Kalauer nicht übel nehmen und ihn ja nicht für ein “Kameradenschwein” halten, toppt er schließlich vor offenem Mikrofon die Ansage seines Parteifreundes Scholz über die Zukunftschancen der SPD: “Bei den nächsten Wahlen erreichen wir die absolute Mehrheit!”