Stellenwachstum verliert an Fahrt
det Washington
Völlig unerwartet hat der US-Arbeitsmarkt im Dezember den zweiten Monat in Folge an Fahrt verloren. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums meldete, entstanden außerhalb der Landwirtschaft nur 199000 neue Arbeitsplätze. Erwartet hatten Volkswirte einen Zuwachs um etwas mehr als 400000. Gleichzeitig fiel die Arbeitslosenquote um 0,3 Prozentpunkte auf 3,9%. Analysten hatten einen geringeren Rückgang auf 4,1% prognostiziert.
Ein weiteres Signal für andauernd hohe Inflation lieferten indes die Stundenlöhne, die um 0,6% und im Vorjahresvergleich um 4,7% stiegen. Trotz des schwachen Stellenwachstums dürften die rückläufige Erwerbslosenquote und die kräftigen Lohnsteigerungen die US-Notenbank in jener Kursverschärfung bestätigen, welche die Fed im jüngsten FOMC-Sitzungsprotokoll signalisiert hatte.
Getrieben wurde der Beschäftigungsaufbau vom Gast- und Freizeitgewerbe, wo 53000 neue Jobs entstanden. Fachdienstleister verzeichneten eine Zunahme um 43000 und das verarbeitende Gewerbe ein Plus von 26000. Geringere Zunahmen wurde in der Bauwirtschaft, dem Transportwesen und dem Handel gemessen. Zu den Lichtblicken in dem Bericht zählen Ökonomen die Revisionen für die beiden vorangegangenen Monate. Im Oktober und November zusammen wurden nämlich 141000 mehr Stellen geschaffen als zuvor gemeldet.
Knappe Arbeitskräfte
Ein Risiko für die weitere Entwicklung sehen Experten in der andauernden Arbeitskräfteknappheit, die die Löhne weiter nach oben treibt und somit die Inflation schüren könnte. Die Partizipationsrate liegt nämlich um 1,5 Prozentpunkte unter dem Stand vom Februar 2020, dem letzten Monat vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Auch liegt die Gesamtbeschäftigung um 3,6 Millionen unterhalb des Vorkrisenniveaus. „Die Knappheit an Arbeitskräften entwickelt sich zu einem immer größeren Wachstumshindernis für den Arbeitsmarkt“, mahnt der Volkswirt Michael Pearce von Capital Economics. Auch rechnet er damit, dass im Januar die Omikron-Variante des Coronavirus die Beschäftigung weiter nach unten drücken wird.
Für die Fed gehen von dem Arbeitsmarktbericht gemischte Signale aus. Auf der einen Seite hat der Beschäftigungsaufbau den zweiten Monat in Folge enttäuscht. Andererseits ist die Arbeitslosenquote jetzt nur um 0,4 Prozentpunkte von jenen 3,5% entfernt, die Notenbankchef Jerome Powell als Vollbeschäftigung ansieht. Zudem unterstreichen die Lohnsteigerungen, die im Dezember oberhalb der Markterwartungen lagen, Powells Sorge, dass die hohe Inflation noch für einige Zeit Bestand haben wird.
Folglich rechnen Analysten damit, dass die Fed wie angekündigt nicht nur das Tapering beschleunigen wird und bis März abgeschlossen haben dürfte. Auch ist dann mit der ersten von drei Zinserhöhungen zu rechnen, die im laufenden Jahr erwartet werden. Darüber hinaus hatten die Währungshüter in ihren „Minutes“, dem Protokoll der FOMC-Sitzung vom Dezember, gesagt, dass nach der ersten Anhebung des Leitzinses die Fed auch beginnen könne, ihre auf über 8,7 Bill. Dollar gestiegene Bilanz zu reduzieren.