Stimmung trübt sich unerwartet ein

Dienstleister dämpfen Ifo-Geschäftsklima im Januar - Industrie zeigt sich merklich verbessert

Stimmung trübt sich unerwartet ein

Das Ifo-Geschäftsklima ist im Januar zwar unerwartet gesunken, doch am Gesamtbild einer – wenn auch schwachen – wirtschaftlichen Aufwärtsbewegung ändert das nichts. Als Lichtblick gilt Ökonomen die Stimmungsaufhellung in der Industrie. ba Frankfurt – Zum Jahresbeginn hat sich die Stimmung in den deutschen Chefetagen unerwartet eingetrübt. Die Ergebnisse der monatlichen Umfragen des Analysehauses Sentix oder des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hatten ebenso wie der Einkaufsmanagerindex zwar einen leichten Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas angedeutet, der Blick auf die Details offenbart nach Ansicht von Ökonomen aber dennoch positive Signale.Der wichtigste Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung hierzulande ist im Januar um 0,4 auf 95,5 Punkte gefallen. Volkswirte hatten hingegen einen dritten Anstieg in Folge auf 97,0 Zähler prognostiziert. Dennoch halten sie an ihrer Einschätzung einer Bodenbildung der deutschen Wirtschaft zur Jahreswende fest. Das Ifo-Institut erwartet für das erste Vierteljahr ein Wachstum von 0,2 % im Quartalsvergleich nach 0,1 % im Schlussabschnitt 2019. Damit liegen die Münchener Wirtschaftsforscher im Einklang mit den Voraussagen der Bankvolkswirte. Auch das Statistische Bundesamt (Destatis) hatte bei der Bekanntgabe der ersten Schnellmeldung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2019 über “Anzeichen einer leichten Erholung” im Schlussabschnitt berichtet (vgl. BZ vom 16. Januar). Am 14. Februar veröffentlicht Destatis die Daten zum vierten Quartal – einen weiteren Fingerzeig wird es schon diesen Freitag geben, wenn das Statistikamt Eurostat über das Euro-BIP im vierten Quartal berichtet, in dem die deutschen Zahlen enthalten sind. Ökonomen rechnen für das laufende Jahr mit einer insgesamt noch verhaltenen Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft, wobei das Tempo bereits zur Jahresmitte wieder moderat anziehen dürfte. Für 2020 stehen die Prognosen bei einem – nicht kalenderbereinigtem – Plus von 1,1 % bis 1,2 % nach +0,6 % im abgelaufenen Jahr. Trübere Aussichten”Die deutsche Wirtschaft startet verhalten ins neue Jahr”, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter rund 9 000 Managern. Diese beurteilten zwar die aktuelle Lage etwas besser als noch im Dezember, ihre Aussichten allerdings schätzten sie erneut schlechter ein (siehe Grafik). Ein dritter Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas gilt gemeinhin als Signal für eine Trendwende zum Besseren – die damit verpasst ist. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, verweist allerdings auf den Achtmonatsdurchschnitt, der im Januar erstmals seit zwei Jahren nach oben zeigt. In der Vergangenheit hätten sich solche Aufwärtssignale mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 10 % als recht zuverlässig erwiesen: “Das Ifo-Geschäftsklima bestätigt damit das Aufwärtssignal des Einkaufsmanagerindex vom Freitag”, sagte Krämer. Allerdings bleibe der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft stark, mahnte er mit Blick auf die weiter hohe handelspolitische Unsicherheit, “auch wenn sich der Wahlkämpfer Trump mit den Chinesen vor kurzem auf einen Waffenstillstand geeinigt hat”.Als großen Lichtblick bezeichnete Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview die Industrie, die wegen ihrer starken Exportorientierung derzeit das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft ist. Lage- und Erwartungskomponente sind in diesem Sektor deutlich gestiegen und die Kapazitätsauslastung hat um 0,5 Punkte auf 83,1 % zugelegt. “Die Industrie arbeitet sich so langsam aus der Krise heraus.” Das trifft laut Wohlrabe vor allem auf die chemische Industrie und die Hersteller elektrischer Ausrüstungen zu und weniger auf die Autobauer. Dass neben der nachlassenden Unsicherheit auch die Nachfrage zugelegt habe, gebe “Anlass zu vorsichtigem Optimismus”. Auch die Bundesbank äußerte sich in ihrem Monatsbericht Januar etwas optimistischer: “Zuletzt mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass sich das verarbeitende Gewerbe mit Beginn des neuen Jahres stabilisieren könnte”, heißt es dort mit Blick auch auf die Exporterwartungen. HandelsstreitigkeitenDie Industrie leidet besonders unter den Handelsstreitigkeiten, der Unsicherheit über die Ausgestaltung der weiteren Beziehungen zu Großbritannien nach dem Brexit und dem Strukturwandel in der Autobranche. “Darüber hinaus gesellt sich aktuell mit dem Coronavirus ein weiterer temporärer Belastungsfaktor hinzu”, so Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. An den Märkten wachsen die Sorgen vor einem Dämpfer für die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. Das Ausmaß des ökonomischen Schadens ist derzeit noch schwer abzuschätzen und hängt stark vom Fortgang der Ausbreitung ab. Noch aber spiele der Coronavirus für die deutsche Wirtschaft keine Rolle, sagte Ifo-Experte Wohlrabe. Dies gelte auch für die Iran-Krise, da die Lage dort nicht eskaliert sei. Skepsis am BauDass sich die Stimmung in den binnenwirtschaftlich getriebenen Sektoren Dienstleistungen, Bau und Einzelhandel eingetrübt hat, bereitet Stefan Kipar von der BayernLB Sorge – die Schwäche der Industrie “könnte sich aber nun mit Verzögerung auf die anderen Sektoren niedergeschlagen haben”. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer hingegen sieht den Stimmungsrückgang der Dienstleister (-2,6 auf 18,7 Punkte) als wenig besorgniserregend, da sich das Geschäftsklima in diesem Sektor seit dem Sommer merklich erholt hatte: “Die Binnennachfrage bleibt damit eine Stütze der deutschen Konjunktur”, so Krämer. Im boomenden Baugewerbe trübte sich das Klima zum vierten Mal in Folge ein – um 3,9 auf 14,0 Punkte. Die Einschätzungen zur aktuellen Lage fielen laut Ifo dabei auf den niedrigsten Stand seit Juni 2018. Zudem habe die Skepsis mit Blick auf die kommenden Monate erneut zugenommen.