Taiwan-China-Konflikt

Taiwans Wahlsieger wird es schwer haben

Die spannungsgeladenen Wahlen in Taiwan bringen keine Entlastung im schwierigen Verhältnis zu Festlandchina. Der chinakritische DPP erobert das Präsidentenamt, zeigt sich aber innenpolitisch deutlich geschwächt.

Taiwans Wahlsieger wird es schwer haben

Taiwans Wahlsieger wird es schwierig haben

Chinakritische Partei behält erneut das Präsidentenamt – Parlamentarische Mehrheit geht aber verloren – Peking hält sich mit Drohgesten fürs Erste zurück

Die wegen ihres geopolitischen Konfliktpotenzials spannungsgeladenen Wahlen in Taiwan bringen keine Entlastung im schwierigen Verhältnis zu Festlandchina. Die chinakritische Partei DPP erobert ein weiteres Mal das Präsidentenamt, ist nach der Wahl aber innenpolitisch deutlich geschwächt.

nh Schanghai

Aus den Wahlen der Inselrepublik Taiwan ist die für klare Distanz zum chinesischen Festland und in erbitterter Feindschaft mit der Pekinger Regierung stehende Demokratische Progressive Partei (DPP) wie erwartet als Sieger hervorgegangen. Ihr Spitzenkandidat, der bisherige Vizepräsident Lai Ching-te (William Lai) wird im Mai Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen turnusgemäß nach ihren dann zwei absolvierten vierjährigen Amtszeiten ablösen.

Schwere Zurücksetzung

Lai konnte sich mit 40% der Stimmen relativ deutlich gegen die Präsidentschaftsanwärter der Kuomingtang-Partei (KMT) und der Taiwan People’s Party (TPP) durchsetzen, die jeweils für eine Annäherungspolitik zu Peking stehen. Gleichzeitig erlitt die DPP im ebenfalls neu gewählten Parlament eine schwere Niederlage.

Auf die DPP entfielen nur 51 der 113 Sitze, zehn weniger als bisher. Die KMT wurde mit 52 Sitzen entgegen den Erwartungen größte Parlamentspartei. Die TPP erhielt acht Sitze und dürfte künftig eine wichtige Rolle als Bündnispartner für das Erlangen von klaren Mehrheiten etwa im Zusammenhang mit der Haushalts- oder der Verteidigungspolitik spielen.

Bündnisse gefragt

Bei seiner Siegesrede am Samstag kündigte Lai eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien an und versprach, „im Geiste eines demokratischen Bündnisses“ wichtige Regierungsposten ungeachtet der politischen Zugehörigkeit zu besetzen.

Die neue Konstellation wirft einige bange Fragen über die Durchsetzungsfähigkeit der künftigen Regierung von Taiwan auf, das gerade in den letzten Jahren von Peking mit militärischen Drohgesten, aber auch wirtschafts- und handelspolitischen Hemmnissen unter immer massiveren Druck gesetzt worden ist.

Weitere Störmanöver in Sicht

Auf wirtschaftlicher Ebene wird die neue DPP-Regierung keinen einfachen Stand haben und muss mit weiteren Störmanövern seitens der Pekinger Regierung rechnen. Taiwans exportlastige Wirtschaft ist in den letzten zwei Jahren in schwereres Fahrwasser geraten, wobei zahlreiche politisch motivierte chinesische Importbeschränkungen eine Rolle gespielt haben. Vor allem aber wurde das hochindustrialisierte und in der Chiptechnologie weltweit führende Taiwan auch von globalen Lieferkettenstörungen und einer noch nicht voll überwundenen Abschwungphase im Halbleitermarkt negativ erfasst.

Für das vergangene Jahr wird mit einem dürftigen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,8% gerechnet. Die weitere Prognose sieht in Erwartung eines Turnarounds im Chipsektor und damit auch einer Wiederbelebung der Exporte allerdings wieder freundlicher aus. Im laufenden und im kommenden Jahr rechnen die Experten gegenwärtig mit Wachstumsraten von 2,4 beziehungsweise 2,8%.

Ruhe an den Märkten

An den Finanzmärkten, wo Weichenstellungen in der taiwanesischen Politik und ihre Auswirkungen auf die Beziehungen zu Peking wegen des geopolitischen Zündstoffpotenzials mit Argusaugen beobachtet werden, hat sich am Montag zunächst Entspannung gezeigt. An den Börsen in Hongkong und Schanghai sah man Seitwärtsbewegungen und in Taipeh selbst geringfügige Kurszuwächse.

Für Erleichterung sorgt, dass die Pekinger Regierung das Wahlergebnis und die DPP zwar mit gewohnt aggressiver Rhetorik kommentierte, aber von konkreten militärischen Drohgesten dieses Mal absah. Auf diplomatischer Ebene gelang Peking hingegen ein neuer Nadelstich. Der winzige Pazifikstaat Nauru erklärte, dass er seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbricht und auf die Volksrepublik umpolt. Der nordöstlich von Australien gelegene Staat gehörte zu den letzten 13 Ländern, inklusive des Vatikans, die Taiwan als souveränes Land anerkennen.

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