NOTIERT IN WASHINGTON

Trumps Methoden machen Schule

Dass Firmenpleiten, Lügen und rüpelhaftes Verhalten US-Präsident Donald Trump ebenso wenig schaden wie finanzielle Ungereimtheiten und außereheliche Affären, das hat der Rest der Welt seit über drei Jahren mit Befremden zur Kenntnis genommen. Wie...

Trumps Methoden machen Schule

Dass Firmenpleiten, Lügen und rüpelhaftes Verhalten US-Präsident Donald Trump ebenso wenig schaden wie finanzielle Ungereimtheiten und außereheliche Affären, das hat der Rest der Welt seit über drei Jahren mit Befremden zur Kenntnis genommen. Wie der Fall eines umstrittenen Kongressabgeordneten aus Kalifornien aber beweist, hat das Benehmen des scheinbar mit Teflon beschichteten Präsidenten auch für andere Politiker neue Maßstäbe gesetzt. Einige können sich anscheinend selbst in den Augen angesehener Staatsanwälte mittlerweile völlig ungestraft kriminell verhalten. Ein simples Dementi seitens des Angeklagten genügt offenbar, und die Wiederwahl erscheint sichergestellt. Zudem drücken republikanische Parteifreunde ein Auge zu und wollen von durchaus legitim erscheinenden Vorwürfen krassen Fehlverhaltens, welches obendrein mehrere Straftatbestände erfüllen könnte, nichts hören oder wissen.Dass nach mehr als zweieinhalb Jahren im Amt Trump selbst nichts dazugelernt hat, das sollte nicht verwundern. Warum sollte er auch? Nach der Aufzeichnung von Trumps Aussagen über seinen Umgang mit Frauen, die er in einem Bus auf dem Weg zu einem Fernsehauftritt machte, prognostizierten Experten 2016 das Ende seiner Kandidatur. Bekanntlich war dies nicht der Fall – im Gegenteil. Der Skandal mobilisierte die politische Basis des republikanischen Populisten, und am Wahlabend belehrte Trump die Skeptiker eines Besseren.Keineswegs überraschend ist vor diesem Hintergrund jenes lässige Achselzucken, mit dem der Präsident auf die Vorwürfe der Journalistin E. Jean Carroll reagiert. Sie ist schließlich die 16. Frau, die Trump sexuelle Belästigung vorgeworfen hat. Laut Carroll hat der Immobilienunternehmer sie vor 23 Jahren in einer Umkleidekabine überfallen, ihren Kopf gegen die Wand gepresst und sie vergewaltigt, ehe sie fliehen konnte.Trumps Reaktion: Er sei der Frau niemals begegnet. Und als wäre das ein Argument, welches ihn entlasten könnte: Sie sei “gar nicht mein Typ”. Natürlich ist es unmöglich, derartige Vorwürfe zu beweisen, und Trumps Anhänger argwöhnen, die Reporterin wolle lediglich aus dem Ruhm und Vermögen des Präsidenten Kapital schlagen.Anders die Sichtweise der Demokraten. Richard Durbin, eines der ranghöchsten Oppositionsmitglieder im Senat, meinte, dass “bei so vielen Vorwürfen sexueller Belästigung man diese niemals ignorieren sollte”. Nüchtern und einschränkend fügte er hinzu: “Machen wir uns aber nichts vor, Trump wird das bestreiten, und damit wird die Sache zu den Akten gelegt.” *Nutznießer dieses rasanten Verfalls der Zivilcourage und der derzeitigen politischen Kultur ist kein Geringerer als der Kongressabgeordnete Duncan Hunter (42), ein enger politischer Verbündeter des Präsidenten. Der frühere Marineoffizier soll mehr als 250 000 Dollar an Wahlspenden benutzt haben, um Luxusreisen und Geschenke für diversen Liebhaberinnen zu finanzieren. Auch soll er mit Spendengeldern plastische Chirurgie, teuren Schmuck ebenso wie Schuluniformen für seine Kinder gekauft und sogar Strom- und Krankenhausrechnungen beglichen haben.Hunters Frau hat ihre Rolle bei dem nassforschen Missbrauch bereits gestanden. In der Hoffnung auf Strafmilderung ist sie bereit, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten, und wird womöglich sogar gegen ihren Mann aussagen. Ganz anders als der Abgeordnete, der trotz der angeblich erdrückenden Beweise, welche die Staatsanwaltschaft auf 47 Seiten zusammengefasst hat, jegliche Schuld von sich weist.Sehr zum Leidwesen des Politikers, der ganz im Stile des Präsidenten unverdrossen zum Angriff bläst und die Schuld nur bei anderen sucht – unter anderem bei seiner Gattin -, entschied nun der zuständige Richter, dass Beweise über Hunters Affären während des Verfahrens zugelassen werden können. Dass er im Falle eines Schuldspruchs stattliche Strafen zahlen oder gar hinter Gitter kommen könnte, das erschüttert keineswegs das Selbstbewusstsein des Trump-Anhängers. Er will sich der Wiederwahl stellen und ist sich sicher, für weitere zwei Jahre im Repräsentantenhaus bestätigt zu werden.