Hohes Stellenwachstum

US-Arbeitslosenquote auf tiefstem Stand seit 1969

Der Aufschwung am US-Arbeitsmarkt hat sich im April unvermindert fortgesetzt. Das Stellenwachstum übertraf die Erwartungen, und die Arbeitslosenquote fiel auf den niedrigsten Stand seit über einem halben Jahrhundert.

US-Arbeitslosenquote auf tiefstem Stand seit 1969

Arbeitsmarkt

US-Arbeitsmarkt weiter im Aufwind

Weit verbreitetes Stellenwachstum übertrifft Erwartungen – Lohndruck nimmt wieder zu

Der US-Arbeitsmarkt steht weiter unter Dampf. Im April übertraf das Stellenwachstum außerhalb der Landwirtschaft deutlich die Erwartungen und die Arbeitslosenquote fiel auf den tiefsten Stand in fast 54 Jahren. Gleichzeitig stiegen die Löhne stärker als zuvor und lieferten ein Signal für einen andauernden Inflationsdruck.

det Washington

Trotz andauernder Rezessionssorgen und zunehmender Unsicherheit über die Stabilität der US-Regionalbanken hat sich im April der Aufschwung am US-Arbeitsmarkt mit stetem Tempo fortgesetzt. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, entstanden ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft 253.000 neue Jobs. Erwartet hatten Bankvolkswirte ein Plus von etwa 180.000.

Zudem rutschte die Arbeitslosenquote von 3,5% auf 3,4% und fiel damit auf den niedrigsten Stand seit Mai 1969. Experten hatten hingegen einen leichten Anstieg auf 3,6% vorausgesagt. Die Löhne legten zwar etwas stärker zu als im Vormonat, den meisten Experten zufolge aber nicht kräftig genug, um die Notenbank von ihrem Plan abzubringen, bei der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) im Juni eine Zinspause einzulegen. Das Fedwatch Tool der CME Group ging am Freitag mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90% davon aus, dass die Währungshüter die Zielzone für den Leitzins unverändert bei 5,0 bis 5,25% belassen werden.

Angeführt wurde das Stellenwachstum von Fachdienstleistern, die 43.000 neue Mitarbeiter einstellten, gefolgt vom Gesundheitswesen mit 40.000 Jobs sowie dem Freizeit- und Gastgewerbe, wo 31.000 Berufstätige eine Beschäftigung fanden. Trotz der Krise bei den kleineren Banken wurde bei Finanzdienstleistern eine Zunahme um 23.000 Stellen gemessen und derselbe Anstieg bei öffentlich Bediensteten. Kaum verändert waren die Zahlen im verarbeitenden Gewerbe, in der Bauwirtschaft und im Handel. Die Partizipationsrate blieb mit 62,6% gegenüber März unverändert und liegt weiter unter dem Stand vor dem Ausbruch der Coronakrise. 

Keine Rezessionssignale

Zwar bewerten Experten den Bericht überwiegend positiv. „Im Arbeitsmarkt sind keine Indikatoren zu sehen, die auf eine Rezession hindeuten“, sagte Kathryn Edwards, Ökonomin bei der Rand Corporation. Steven Rick, Chefvolkswirt bei dem Versicherungs- und Investmentkonzern Cuna Mutual, meinte, dass „es ermutigend ist, vor dem Hintergrund der Sorgen um eine mögliche Rezession einen so starken Bericht zu sehen“.

Etwas kritischer sieht Mark Zandi, Chefökonom bei Moodys Analytics, die aktuelle Lage. Als besonders positiv hebt er einerseits hervor, dass das Stellenwachstum weit verbreitet ist und sich auf diverse Branchen verteilt. Den Rückgang der Arbeitslosenquote auf 3,4% nannte er hingegen „irritierend“. „Es mag ungewöhnlich klingen, aber wir brauchen eine etwas höhere Arbeitslosenquote, um das Lohnwachstum, das letzten Monat wieder recht stark war, im Zaum zu halten“, so Zandi. 

Laut BLS stiegen die durchschnittlichen Stundenlöhne um 0,5% und im Vorjahresvergleich um 4,4%. Im März war ein Anstieg um 4,2% gemessen worden, der geringste seit 2021. Geringere Lohnsteigerungen sind laut Zandi wiederum eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Fed überzeugt werden kann, ihre Zinserhöhungen einzustellen. Schon vor der letzten Zinserhöhung, die am Mittwoch beschlossen wurde, hatte der Ökonom die Sorge geäußert, dass weitere Straffungen die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen könnten.

Während Zandis Sorgen in erster Linie dem Lohndruck und der Inflation gelten, weisen andere auf unterschwellige Signale einer möglichen Abschwächung hin. „Bei genauerem Hinsehen lassen die neuesten Zahlen in ihrer Gesamtheit immer klarer eine nachlassende Dynamik erkennen“, sagte Andreas Busch, Ökonom bei Bantleon. Immerhin korrigierte das BLS das Stellenwachstum für die beiden vorangegangenen Monate deutlich nach unten. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass es auch bei der Statistik für April später zu bedeutenden Korrekturen kommen wird.

Deutliche Korrekturen

So waren im März 71.000 und im Februar 78.000 weniger Jobs entstanden als berichtet. Auch hatte das Ministerium gemeldet, dass die Zahl der offenen Stellen im März auf 9,6 Millionen geschrumpft war – 1,6 Millionen weniger am Ende des vorigen Quartals. Als weitere Signale für eine Schwäche des Arbeitsmarkts nennt Busch die rückläufige Wochenarbeitszeit und die zunehmenden Ankündigungen von Entlassungen.

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