Verbraucherpreise

US-Inflation steigt weniger kräftig

Im Oktober hat der Preisdruck in den USA nachgelassen. Obwohl eine Zinspause ausgeschlossen ist, könnte die Notenbank im Dezember eine geringere Straffung beschließen als bei den letzten vier Sitzungen des Offenmarktausschusses.

US-Inflation steigt weniger kräftig

det Washington

Der Inflationsdruck in den USA scheint weiter nachzulassen. Dies könnte nach Ansicht von Experten zur Folge haben, dass die Notenbank bereits im Dezember das Tempo der Leitzinserhöhungen drosselt. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, verteuerten sich Konsumgüter im Oktober um 0,4% zum Vormonat und an der Jahresrate gemessen um 7,7%. Ökonomen hatten Zunahmen um jeweils 0,6% und 8,0% vorausgesagt. Im September war der Verbraucherpreisindex (CPI) im Vorjahresvergleich um 8,2% gestiegen.

Auch die aus der Sicht der Fed wichtige Kernrate, die schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, blieb hinter den Erwartungen zurück. Laut BLS legte die Kernrate um 0,3% und auf Jahressicht um 6,3% zu. Bankvolkswirte hatten mit Zunahmen um 0,5% und 6,6% gerechnet. Getrieben wurde der Preisanstieg von Energie, Lebensmitteln und Wohnkosten. Die Preise für Energieprodukte lagen um 1,8% über dem Stand vom September. Wohnkosten wiesen mit einem Plus von 0,8% die höchste Steigerungs­rate seit 1990 auf. Unter anderem zogen Hotelpreise, die während der Corona-Pandemie eingebrochen waren, kräftig an. Preisrückgänge wurden hingegen bei Autos, Bekleidung und Flugtickets gemessen. Zwar ist der PCE-Preisindex, den das Handelsministerium veröffentlicht, das bevorzugte Inflationsmaß der Notenbank. Dennoch zählt der CPI aus der Sicht der Fed ebenfalls zu den wichtigsten Indikatoren. Obwohl die Meinungen von Analysten zu der Bedeutung der jüngsten Zahlen für den weiteren zinspolitischen Kurs leicht divergieren, überwiegt die Ansicht, dass die Währungshüter schon bei der nächsten Sitzung ihres Offenmarktausschusses (FOMC) Mitte Dezember diesen leicht entschärfen könnten.

50 Basispunkte im Dezember

Insgesamt hat das FOMC im laufenden Jahr sechsmal an der Zinsschraube gedreht und die Federal Funds Rate um 3,75 Prozentpunkte hochgeschraubt. Bei den letzten vier Sitzungen hatte die Notenbank jeweils kräftige Leitzinserhöhungen um je 75 Basispunkte beschlossen. Wie aus dem viel beachteten Fed Watch Tool der CME Group hervorgeht, stieg nach der Veröffentlichung des jüngsten CPI die Wahrscheinlichkeit, dass der Offenmarktausschuss im Dezember um 50 anstelle von weiteren 75 Basispunkten straffen wird, von knapp über 50 auf mehr als 80%.

Trotz des nachlassenden Inflationsdrucks warnen Ökonomen vor verfrühtem Optimismus. „Der Verbraucherpreisindex ist zweifellos eine gute Nachricht, dennoch würde ich meine Lageeinschätzung an dieser einen Statistik gemessen nicht dramatisch ändern“, sagte der Nationalökonom Jason Furman, der unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama Leiter des Council of Economic Advisers (CEA) war. Zudem ist Michael Arone, Chief Investment Strategist bei State Street Global Advisors, vorsichtig in seiner Bewertung der zinspolitischen Folgen. Anleger würden ungeduldig auf einen „Powell Pivot“ warten, also eine leichte Wende und Entschärfung des geldpolitischen Kurses. „Ich bin keineswegs sicher, dass es bald dazu kommen wird“, sagt Arone und weist bei dem CPI auf die weiter hohe Jahresrate hin.

Rezessionsgefahr dauert an

Neben den weiter hohen Preisen müssen die Währungshüter auch die Möglichkeit einer baldigen Rezession im Auge behalten. Thomas Barkin, Präsident der Federal Reserve Bank von Richmond, ist der Ansicht, „dass wir uns am hinteren Ende der Inflationskurve befinden“. Barkin stellte fest, dass die Rohstoffpreise weniger gestiegen sind, sich Störungen in globalen Lieferketten entspannt haben und die Zinserhöhungen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage gedämpft haben. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die kräftigen Zinserhöhungen der vergangenen Monate „zu einem konjunkturellen Abschwung führen könnten“. Als positiv hebt John Williams, der den Fed-Ableger in New York leitet, hervor, dass trotz der hohen Preise „die langfristigen Inflationserwartungen bemerkenswert stabil geblieben sind“.

Zwar hatte Powell nach der FOMC-Sitzung im November gesagt, dass „wir noch einen weiten Weg zurückzulegen haben“ und es „voreilig wäre, an eine Zinspause zu denken“. Gleichwohl räumte er ein, dass eine Rezession nicht auszuschließen ist. Im ersten Quartal hatte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA um annualisierte 1,6% und von April bis Juni um 0,6% nachgegeben. Im dritten Quartal hatte die Wirtschaftsleistung auf das Jahr hochgerechnet um 2,6% zugelegt. Viele Ökonomen rechnen aber im Schlussquartal wieder mit einem Rückgang.

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