Viele neue Gesichter im Econ-Ausschuss
Von Andreas Heitker, BrüsselNachdem sich das EU-Parlament in dieser Woche konstituiert und seinen neuen Präsidenten, Vizepräsidenten und Quästoren gewählt hat, stehen nun auch die Mitglieder der einzelnen Fachausschüsse schon fest. Interessant aus deutscher Sicht ist vor allem die neue Besetzung des Wirtschafts- und Währungsausschusses (Econ), der sicherlich zu den entscheidenden Schaltstellen der Macht im Parlament gehört. Wie bereits erwartet (vgl. BZ vom 16. Mai), sind von den bisherigen deutschen Econ-Mitgliedern nur noch drei Abgeordnete auch in Zukunft dabei: Markus Ferber von der CSU, der erneut auch die Rolle des Econ-Koordinators für die ganze EVP-Fraktion übernommen hat, der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold sowie Martin Schirdewan von den Linken. Fünf Deutsche neu dabei Frühere erfahrene und einflussreiche deutsche Abgeordnete des Ausschusses wie Burkhard Balz und Werner Langen (beide CDU), Peter Simon und Jakob von Weizsäcker (beide SPD) oder auch Wolf Klinz (FDP) gehören dem neuen Europaparlament ja aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr an.Das heißt: Von den acht deutschen Abgeordneten unter den insgesamt 60 künftigen Econ-Mitgliedern sind fünf neu im Ausschuss dabei. Die CDU hat sich dabei für Stefan Berger entschieden, einen 49 Jahre alten promovierten Wirtschaftswissenschaftler vom Niederrhein, der zuvor schon fast zwei Jahrzehnte Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen war. Berger war hier wissenschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion, hat aber darüber hinaus auch im Ausschuss für Europa und Internationales sowie in der Vollzugskommission des Rechtsausschusses mitgearbeitet. Das künftige Econ-Mitglied ist verheiratet und hat eine Tochter.Auch die SPD hat sich entschieden, einen Neuling in den Wirtschaftsausschuss zu schicken: Joachim Schuster. Der 56-Jährige ist von Haus aus Politikwissenschaftler, hat sich in seiner Promotion aber bereits mit den Perspektiven der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beschäftigt. Schuster war politisch 13 Jahre lang in Bremen aktiv: zunächst als Abgeordneter der Bürgerschaft, dann als Staatsrat zunächst für den Bereich Arbeit, Jugend und Soziales und anschließend für die Themen Gesundheit und Wissenschaft.Schuster sitzt bereits seit 2014 im EU-Parlament. Dort hat er sich in den letzten fünf Jahren aber eher mit dem internationalen Handel beschäftigt und in dem entsprechenden Ausschuss mitgearbeitet. Weiterer Arbeitsschwerpunkt war für ihn die Digitalisierung der Arbeitswelt. Schuster ist verheiratet und Vater zweier Kinder.Überraschend verzichtet die FDP völlig auf eine eigene Präsenz im wichtigen Wirtschafts- und Währungsausschuss. Eigentlich war in Brüssel vermutet worden, dass die Spitzenkandidatin bei der Europawahl, Nicola Beer, dieses Mandat übernimmt. Doch stattdessen ist der einzige Deutsche, der künftig für die liberale Renew-Europe-Fraktion im Econ sitzt, der Vorsitzende der Freien Wähler Hessen, Engin Eroglu. Die FDP verzichtet komplettDer 37-Jährige ist gelernter Bank- und Sparkassenkaufmann und arbeitete bisher als Immobilienmakler. Politisch hat sich Eroglu, Kind einer Gastarbeiterfamilie, viele Jahre in der Kommunalpolitik engagiert. Er tritt für ein “Europa der starken Regionen” an, wie er einmal ankündigte, und fordert unter anderem, die EU “nach den starken Staaten auszurichten und sich nicht am schwächsten zu orientieren”.Die AfD geht einen anderen Weg als die FDP und schickt gleich zwei Abgeordnete in den Wirtschafts- und Währungsausschuss: Parteichef Jörg Meuthen, der in seiner bisherigen Zeit in Brüssel und Straßburg bereits stellvertretendes Ausschussmitglied war, rückt jetzt zum ordentlichen Mitglied auf. Hinzu kommt Gunnar Günter Beck, der im Vorfeld der Europawahl zahlreiche Schlagzeilen wegen eines wohl zu Unrecht in Deutschland getragenen Professorentitels produziert hat.Beck unterrichtete bisher an der School of Oriental and African Studies (SOAS) der Universität London Europarecht und Rechtstheorie. Er trägt dort die Bezeichnung “Reader in Law”, was aber mit dem deutschen “Professor” nicht vergleichbar ist. Zudem arbeitete der 1966 in Düsseldorf geborene Beck als selbständiger Anwalt (Barrister) in einer Londoner Kanzlei mit dem Schwerpunkt Europarecht.Der Econ hat seine ersten ordentlichen Sitzungen für den 22./23. Juli terminiert. Leiten wird den Ausschuss dann wohl wieder ein alter Bekannter: der italienische Sozialist Roberto Gualtieri. Der 52-Jährige hatte den Wirtschafts- und Währungsausschuss auch schon in der letzten Legislatur geführt.