Frachtkosten

Wachstumsschmerzen in der Weltwirtschaft

Unvermindert hohe Frachtkosten, Engpässe und Lieferverzug: Exportunternehmen haben mit den Begleitumständen des angelaufenen Post-Corona-Booms zu kämpfen.

Wachstumsschmerzen in der Weltwirtschaft

Von Stefan Reccius, Frankfurt

Unvermindert hohe Frachtkosten, Engpässe und Lieferverzug: Exportunternehmen haben mit den Begleitumständen des angelaufenen Post-Corona-Booms zu kämpfen. Reedereien veranschlagen für einen Container im Schnitt mehr als 4000 Dollar, mehr als das Dreifache der üblichen Rate für Fracht auf See. Seit zwei Monaten verharren die Spotpreise auf dem steil angestiegenen Niveau, zeigt der einschlägige Global Container Freight Index des Dienstleisters Freightos (siehe Grafik). Insbesondere auf dem Weg von China und Ostasien Richtung Europa sind Container Mangelware: Zuletzt stellten Reedereien auf dieser Route um die 8000 Dollar in Rechnung.

Es ist die Kehrseite der rasanten Erholung von Welthandel und Weltwirtschaft, die trotz der Preissprünge und anderer Probleme im Zusammenhang mit der Pandemie ungebremst voranschreitet. 2020 war der Güterumschlag in deutschen Häfen um 6,4% zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag mitteilte. Aufseiten der Einfuhren war der Einbruch mit –9,2% ungleich kräftiger als bei den Ausfuhren (–1,4%). Das wirkt inzwischen aber weit weg: Laut Destatis lag der Güterumschlag bereits in den beiden Schlussmonaten über dem Vorjahresniveau, was seit Dezember auch für den Welthandel insgesamt gilt. Und ein Abflauen ist kaum in Sicht: Der Containerumschlagindex von RWI und Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) legte zu Jahresbeginn weiter zu. Auch jüngste Daten zur Auftragslage deuten darauf hin, dass sich das Auslandsgeschäft deutscher Unternehmen weiter im Aufschwung befindet.

Während die Binnenkonjunktur von der dritten Viruswelle und Problemen bei der Impfkampagne ausgebremst zu werden droht, verbreitet der Blick auf die Weltmärkte immer mehr Zuversicht. Die Ökonomen der Deutschen Bank haben gerade ihre Prognose für die Weltwirtschaft um 1 Prozentpunkt auf 7% nach oben geschraubt. Sie konstatieren: „Die anhaltende Erholung des Welthandels und insbesondere die starke Nachfrage aus China und den USA halten die deutsche Industrie auf Trab.“ Auch das Konjunkturpaket in den USA wird über den Atlantik für Auftrieb sorgen. Nach Berechnungen der Allianz dürfen deutsche Exporteure damit rechnen, dass von den 1,9 Bill. Dollar Anschub für die US-Wirtschaft­ in diesem und im kommenden Jahr zusammengenommen 22 Mrd. Dollar an zusätzlichen Aufträgen in ihren Büchern landen. Nur China (+60 Mrd. Dollar) und die beiden direkten US-Nachbarn Mexiko (+45 Mrd.) und Kanada (+38 Mrd.) profitieren demnach in absoluten Zahlen stärker vom US-Stimulus.

Das wird für noch mehr Betrieb in den großen Häfen sorgen. Reedereien reagieren auf die hohe Nachfrage bereits, indem sie zusätzliche Container produzieren. Bis die in großer Zahl zur Verfügung stehen, dürften allerdings Wochen oder Monate vergehen. Joanna Konings, ING-Analystin für den Welthandel, prophezeite schon vor wenigen Wochen: „Die Preise könnten sich eine Zeit lang auf einem höheren Niveau stabilisieren, was zum Inflationsdruck für den Rest des Jahres beiträgt.“