Wie Überschüsse zu Schulden werden
Eine Woche, drei Zahlen: Mit einer bescheidenen, aber symbolträchtigen Null, einer “schwarzen Null” ging das vergangene Haushaltsjahr des Bundes zu Ende, berichtete Finanzminister Wolfgang Schäuble. Wobei: Genau genommen war die Null gar keine Null, sondern eine 0,5. 0,5 Mrd. Euro hatte das Ministerium nämlich zuvor noch aus dem Etatüberschuss an Schulden getilgt, neben den 2 Mrd. Euro aus dem Bundesbankgewinn. Neben der kleinen bescheidenen Null klingen 7,3 Mrd. Euro groß und gewichtig. Diese Zahl hatte Roderich Egeler am Donnerstag verkündet, der Präsident des Statistischen Bundesamts. Satte 7,3 Mrd. Euro habe allein der Bund 2014 als Finanzierungsüberschuss erzielt. Der Staatssektor insgesamt – also Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen – habe sogar ein Plus von 11,9 Mrd. Euro erwirtschaftet, wobei lediglich die Länder ein geringes Defizit von überschaubaren 468 Mill. Euro ausgewiesen hätten. Die Differenz zwischen der zurückhaltenden Berliner Rechnung (mal was ganz Neues) und dem forschen Wiesbadener 7-Mrd.-Plus wird mit dem Unterschied zwischen kameralistischer und europäischer Buchhaltung erklärt, wobei Erstere alles vereinnahmt, was an Steuern, Abgaben und Gebühren gezahlt wird, während Letztere alle möglichen Finanztransaktionen mit berücksichtigt. Für die Einhaltung des Maastrichter Defizit-Kriteriums ist die Rechnung der Statistiker maßgeblich, also das Plus von 0,4 % vom Bruttoinlandsprodukt (BIP).Während sich Bund und Statistiker noch in unterschiedlichem Ausmaß über den 2014er-Überschuss freuen, bezichtigt sie der Bund der Steuerzahler Deutschland schlicht der Lüge. Mitten im Regierungsviertel in Berlin überschlagen sich weiterhin die Zehnerzahlen der Schuldenuhr, die der Verein öffentlichkeitswirksam über dem Eingang zu seinen Büroräumen installiert hat. Jede Sekunde mache der Staat demnach 439 Euro neue Schulden, ist dort zu lesen, was einer Verschuldung von 25 425 Euro je Kopf der Bevölkerung entspreche oder 2 048 262 123 700 Euro insgesamt. Als Lesehilfe, in Worten: Zwei Billionen, 48 Milliarden – na und noch’n bisschen millionenschwerer Kleinkram. Hochgerechnet ergeben besagte 439 Euro neue Schulden je Sekunde fast 38 Mill. Euro am Tag und ein Defizit von nicht ganz 14 Mrd. Euro im Jahr. Ach so: Während Sie dies hier gelesen haben, sind übrigens weitere 3 976 Euro auf der Schuldenuhr hinzugekommen. *Null – plus 7 Mrd. Euro – minus 14 Mrd. Euro – wie geht das zusammen? Die Uhr zeige nicht nur die Schulden des Bundes, heißt es beim Steuerzahlerbund zur Erklärung, sondern auch die der Länder (überschaubar, wie wir von den Statistikern wissen), der Gemeinden und der Bad Banks. Und dann wird nachgeschoben, dass das Zählwerk Anfang der Woche umgestellt, also deutlich abgebremst werden soll. Wie die neue Zahl lautet, werde noch berechnet. Sicher sei jedoch, dass auch künftig jede Sekunde eine dreistellige Zahl an neuen Schulden hinzukommen werde.