Wikinger als Wegbereiter der Globalisierung
Wikinger und Waräger. Albert Stähli. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt 2014. ISBN 978-3-956010590, 220 Seiten, 19,90 Euro.Wir verschließen unsere Augen vor dem Potenzial, das jedem Fremden innewohnt – ganz im Gegensatz zu den Wikingern, die wagemutig und mit beachtlichen Navigationskenntnissen stets auf der Suche nach neuen Handelspartnern waren. Statt dem Neuen offen und aufnahmebereit entgegenzutreten, würden Unternehmen bei der Expansion in neue Märkte blind für Alternativen heimatliche Strukturen sowie Denk- und Verhaltensweisen exportieren, schreibt Albert Stähli in seinem jüngsten Werk “Wikinger und Waräger”. Wie schon in den Büchern zu den Maya, Inka und Azteken arbeitet er heraus, wie wir von der Kultur der Nordleute geprägt sind und welche Eigenschaften uns auch in der heutigen Zeit gut zu Gesicht stünden – wie etwa die Lern- und Leistungsbereitschaft, Offenheit und Toleranz, Solidarität oder die Art der Chancenbewertung und -ausnutzung.Die Wikinger waren für ihn “Die Pioniere der Globalisierung”, wie auch der Untertitel lautet. Ihre Seefahrten, die sie bis nach Nordamerika, Frankreich, Russland und in die Türkei führten, dienten sowohl Kriegs- als auch Handelszwecken. Das Reisen galt als “unverzichtbar für den Lebenslauf eines gebildeten Menschen”, Handel und Geschäftstätigkeit als integrale Bestandteile des Wikingerlebens, wie Stähli schreibt. Die Wikinger “sind gereist, um zu handeln, und sie handelten, um zu leben. Nicht der Kampf war ihr höchstes Ziel, sondern die Mehrung des Wohlstands und die Verbesserung ihres Lebens.” Wohlstand war dabei “die logische Konsequenz aus Mut, Treue, Kraft und Klugheit”. Zu Unrecht kenne man die Nordmänner heute vor allem als Schrecken der Meere statt als ein Volk, das sich mit einem Talent für Handel, gepaart mit seefahrerischem Geschick, die westliche und östliche Welt rund um Europa erschlossen hat, schreibt Stähli. Von diesen “begnadeten Netzwerkern ihrer Zeit” könne man lernen, Globalisierung anders zu denken und voranzutreiben.Erneut ist Stähli ein interessanter Einblick in eine alte Gesellschaft gelungen, und auch wenn er stark Bezug auf die damals nicht allzu viele Menschen umfassende Elite nimmt, so finden sich doch etliche Thesen, über die es nachzudenken lohnt. Wenn auch dem Leser seiner vorherigen Bücher das ein oder andere sehr bekannt vorkommen dürfte – wie etwa das Konzept des lebenslangen Lernens. Schade auch, dass der Leser in Sachen Buchtitel nachdenken muss. Zu Beginn wird zwar erklärt, dass für die Wikinger viele Namen gebräuchlich waren, wie etwa Dänen, Barbaren, Nordmänner und eben Waräger. Warum Letzterer, mit dem die Skandinavier bezeichnet wurden, die sich in Osteuropa niedergelassen hatten, von Stähli aber derart hervorgehoben wird, wird nicht klar.ba