Schmiergelder bei Bauausschreibungen

Wirtschaft hadert mit Sánchez wegen Korruptionsskandal

Der Skandal um zwei Vertraute des spanischen Ministerpräsidenten schadet laut Arbeitgebern dem Standort. Neuwahlen stehen jedoch nicht an.

Wirtschaft hadert mit Sánchez wegen Korruptionsskandal

Wirtschaft sorgt sich um Sánchez-Skandal

Korruptionsfall schwächt Stabilität der Minderheitsregierung und Vertrauen der Verbände

ths Madrid

Im spanischen Unternehmerlager wächst der Unmut und die Sorge über den Korruptionsskandal, der die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez in die Ecke treibt. Zum einen fürchten die Arbeitgeber einen Imageschaden des Landes bei Investoren und Bürgern. Zum andere wehrt man sich dagegen, dass einzelne Firmen als Mitschuldige bezeichnet werden.

Ein Untersuchungsbericht der Guardia Civil löste vor Tagen ein politisches Erdbeben aus, dessen Auswirkungen noch nicht absehbar sind. Zwei der engsten Mitarbeiter von Sánchez sollen über Jahre Schmiergelder für die Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen kassiert haben. José Luis Ábalos und Santos Cerdán waren die Organisationsleiter der Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE, ein Posten, der dem eines Generalsekretärs in deutschen Parteien ähnelt. Die Enthüllungen basieren auf Tonbandaufzeichnungen eines Vertrauten der beiden Politiker, der jahrelang Gespräche heimlich mitschnitt.

Sánchez bat die Bürgerinnen und Bürger um Entschuldigung und bestand darauf, dass seine Regierung „mit die sauberste in der Geschichte der spanischen Demokratie“ sei. Der Schock in der Partei und im gesamten linken Lager sitzt tief. Auch in der Wirtschaft. „Wir sehen einen Verfall unserer Institutionen und des Ansehens unseres Landes. Es ist immer schwieriger, Vertrauen zu vermitteln gegenüber der Gesellschaft und der Wirtschaft, Unternehmen, Investoren und Märkte“, kommentierte der Dachverband der Arbeitgeber CEOE in einer Mitteilung.

Baukonzern im Visier

Die Liste der Bestechungen ist lang und in dem Dokument der Ermittler sehr detailliert dokumentiert. Im Mittelpunkt steht der Bau- und Dienstleistungskonzern Acciona, der zum Schwergewichtsindex Ibex 35 gehört. Das Unternehmen war bei zahlreichen Ausschreibungen für Infrastrukturprojekte erfolgreich, offenbar weil es an den Ring von Ábalos und Cerdán Kommission zahlte. Am Montag entließ Acciona den Leiter des Baugeschäfts in Spanien.

„Es gibt keine Korruption ohne jemanden, der korrumpiert“, erklärte Arbeitsministerin Yolanda Díaz, vom kleinen Koalitionspartner in der linken Minderheitsregierung Sumar, am Dienstag. Diesen Fingerzeig auf die Unternehmen ließ der Vorsitzende der CEOE Antonio Garramendi nicht auf sich sitzen. „Die Unternehmerwelt ist nicht korrupt. Es korrumpiert, wer die Macht hat“, erwiderte der Arbeitgeberchef.

Politisch instabil

Die politische Stabilität der Minderheitsregierung von Sánchez ist stark angeschlagen. Die Opposition fordert Neuwahlen, was sie freilich schon seit Monaten tut. Zu einem konstruktiven Misstrauensvotum kann sich der Vorsitzende der konservativen Volkspartei PP, Alberto Núñez Feijóo, jedoch nicht durchringen, da die ihm dazu die Mehrheit fehlt. Um Sánchez zu stürzen, braucht es die Stimmen der baskischen Nationalisten und der katalanischen Separatisten. Doch die haben offenbar kein Interesse daran, zu einer Regierung der Konservativen mit der rechtsextremen Vox beizutragen.

Sánchez schloss Neuwahlen ebenso aus wie eine Vertrauensfrage im Parlament. Bislang wurden lediglich die beiden Übeltäter aus der PSOE ausgeschlossen und die Parteiführung erneuert. Am 9. Juli will der Ministerpräsident im Parlament ausführlich zu dem Skandal Stellung nehmen. Bis dahin könnten weitere Enthüllungen folgen.

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