Wo Steuerflucht ein Sport ist
Die Enthüllung ist sensationell und zugleich irgendwie doch nicht so überraschend, verrät aber zumindest zum Teil, warum sich US-Präsident Donald Trump so hartnäckig weigert, irgendwelche Steuererklärungen zu veröffentlichen: Trump ist nicht nur ein Pleitier, der ausgerechnet zu der Zeit, als er mit dem Buch “The Art of the Deal” die Bestsellerlisten eroberte, Verluste in dreistelliger Millionenhöhe anhäufte. Der frühere Immobilienunternehmer hat zudem während der achtziger und neunziger Jahre beim US-Finanzamt höhere Verluste gemeldet als jeder andere Privatbürger in Amerika und als Folge sich fast komplett dem Zugriff des Fiskus entzogen.Ein entsprechender Bericht der “New York Times” stützt sich auf Ausdrucke von Trumps Steuererklärungen und gibt Einblick in die finanziellen Machenschaften eines Mannes, der sich damals wie auch heute in der Öffentlichkeit als Multimilliardär und begnadeter Verhandlungskünstler verkaufte. Laut dem Zeitungsbericht verloren Trumps Immobilienprojekte und Casinos von 1985 bis 1994 mehr als 1 Mrd. Dollar.Unmittelbare politische Relevanz haben die Details aus Trumps gescheiterten Investitionen nicht. Schließlich haben die Demokraten im Kongress viel mehr Interesse an seinen Steuererklärungen aus den vergangenen sechs Jahren. Sie wollen insbesondere wissen, wem der Präsident heute noch Geld schuldet, ob sich darunter zumindest indirekt russische Oligarchen befinden und er damit nicht nur massive Interessenkonflikte hat, sondern womöglich sogar erpressbar ist.Dennoch geben die Zahlen interessanten Aufschluss über jene Selbstverständlichkeit, mit welcher der Präsident Gläubiger und Investoren über den Tisch zog, womöglich Steuerhinterziehung beging und sich überdies den Vorwurf des Insiderhandels eingefangen hat. Bemerkenswert ist vor allem, dass, während sein Vater Fred über Jahrzehnte tatsächlich ein florierendes Imperium an Mietwohnungen in Brooklyn betrieb, Sohn Donald fast nie einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachgehen konnte.Zwar ließ er sich regelmäßig Gehälter in zweistelliger Millionenhöhe auszahlen. Dabei standen ihm aber die Schulden bis zum Hals, und der 1990 angemeldete Konkurs wäre vermutlich viel früher gekommen, hätte sich Trump nicht mit Aktiengewinnen über Wasser gehalten. Diese strich er ein, nachdem er Gerüchte über fiktive Übernahmen hinausposaunt hatte, die er selbst inszenieren wollte. Steuerzahlungen konnte er aus dem Weg gehen, weil er offenkundig Verluste seiner eigenen Gläubiger und Investoren absetzte. Folglich führte er während der zur Debatte stehenden Dekade in acht Jahren keinen einzigen Dollar an den Fiskus ab.Kaum verwunderlich ist, dass sich der Präsident postwendend auf Twitter zu Wort meldete. Wieder einmal verbreite die Zeitung “fake news”, wetterte Trump. Dies, obwohl der Bericht sich auf authentische Steuerunterlagen stützt. Jedenfalls sei es damals bei Immobilienunternehmern “ein Sport” gewesen, riesige Abschreibungen vorzunehmen und Verluste auszuweisen, um Zahlungen an das Finanzamt aus dem Weg gehen zu können.Während der Präsident glaubt, seine zwielichtigen Geschäfte aus der Vergangenheit als angebliche Falschnachrichten zurückweisen und somit neue Zweifel abschütteln zu können, ist der Streit um seine Steuerunterlagen aus jüngster Vergangenheit voll entbrannt. So hat sein Finanzminister Steve Mnuchin, der versprochen hatte, legitime demokratische Forderungen nach Trumps Steuererklärungen “prüfen” zu wollen, nun einen Rückzieher gemacht.Die Vorladung der Oppositionspartei, welche die Freigabe der Steuerunterlagen erzwingen soll, diene “keinem legislativen Zweck”, meinte jener Mann, der als Finanzminister zugleich die US-Bundessteuerbehörde Internal Revenue Service kontrolliert. Ein weiteres Beispiel dafür, wie sich das Weiße Haus weigert, die Arbeit des Kongresses und somit die staatliche Gewaltenteilung zu respektieren. Trump bläst obendrein zum Angriff und will über einstweilige Verfügungen verhindern, dass die Deutsche Bank sowie andere Gläubiger den Parlamentariern Bankunterlagen zur Verfügung stellen. Alles keine Verhaltensweisen eines Mannes, der nichts zu verbergen hat.