Zollstreit belastet Chinas Wirtschaft
Die Belastungen aus dem Handelsstreit mit den USA, aber auch binnenwirtschaftliche Faktoren bremsen Chinas Wirtschaftswachstum auf 6,2 % im zweiten Quartal ab. Eine Erholung bei der Industrieproduktion und im Einzelhandel weckt jedoch Hoffnungen auf eine Stabilisierung in der zweiten Jahreshälfte. nh Schanghai – Chinas Wirtschaft hat im zweiten Quartal weiter an Tempo eingebüßt. Die gestern verbreiteten neuen Daten des Pekinger Statistikbüros zeigen einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 6,2 % gegenüber der Vorjahresperiode – was den Konsensschätzungen der Analysten entspricht. In den beiden vorangegangenen Quartalen hatte noch ein Wachstum von 6,4 % zu Buche gestanden.Mit 6,2 % in einem Quartal legte die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft das niedrigste Wachstumstempo seit mindestens 27 Jahren beziehungsweise dem Beginn vergleichbarer statistischer Aufzeichnungen hin. Allerdings zeigen sich die Marktteilnehmer zuversichtlich, dass das in einem Korridor zwischen 6,0 % und 6,5 % festgehaltene offizielle Wachstumsziel der Regierung für das Jahr 2019 noch gut eingehalten werden kann. Für die erste Jahreshälfte 2019 liegt das chinesische BIP-Wachstum nun noch bei 6,3 %. Impulse zeigen WirkungEin Sprecher zeigte sich gestern überzeugt, dass sich die chinesische Wirtschaft trotz aktueller Herausforderungen und der Belastungen im Handelskonflikt in weiterhin relativ robuster Verfassung befinde. Dabei verwies er auf eine Reihe von Konjunkturanregungsmaßnahmen in den vergangenen Monaten, darunter Steuererleichterungen und Impulse zum Anschub von öffentlichen Investitionen, die im Verlauf der zweiten Jahreshälfte weitere Wirkung entfalten sollten.Hoffnungen auf eine einsetzende Stabilisierung der chinesischen Konjunktur geben die gestern parallel veröffentlichten Wirtschaftsdaten für den Monat Juni. Dabei sticht insbesondere ein unerwartet kräftiges Wachstum der Industrieproduktion von 6,3 % im Vergleich zum Vorjahresmonat hervor. Hier hatten die Experten nur mit einem Plus von 5,2 % gerechnet, nachdem das Outputwachstum im Mai mit 5 % auf den niedrigsten Monatswert seit 17 Jahren abgerutscht war.Die Belastungen aus dem Handelsstreit und von Washington veranlasste Behinderungsmaßnahmen für chinesische Technologieunternehmen haben auf die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe abgefärbt. Gleichzeitig sorgt eine weitere Einebnung der Erzeugerpreisinflation für Margendruck in einigen Branchen. Mit der jüngsten Aufnahme neuer bilateraler Handelsgespräche und der vorläufigen Absage einer angedrohten Ausweitung der Verhängung von US-Strafzöllen auf chinesische Produkte aber scheint der Industriesektor wieder aus der Talsohle herauszufinden.Für eine positive Überraschung sorgen die chinesischen Einzelhandelsumsätze mit einem Anstieg um 9,8 %, nachdem die Experten mit einem leichten Rückgang auf 8,3 % gerechnet hatten. Die Juni-Entwicklung wurde dabei unter anderem von angekurbelten Pkw-Verkäufen unterstützt, die allerdings auch auf Sonderfaktoren beruhen. Dennoch gibt es Hoffnung, dass sich die ebenfalls mit dem Handelsstreit in Verbindung stehende Zurückhaltung der chinesischen Konsumenten bei größeren Anschaffungen wieder legt. Zuletzt sah man in Verbindung mit einem weiter robusten Wohnimmobilienmarkt eine deutliche Nachfragebelebung bei Wohnungseinrichtungen und Haushaltsgeräten.Bei den Anlageinvestitionen macht sich ebenfalls eine aufsteigende Tendenz bemerkbar. Sie sind in den ersten sechs Monaten um 5,8 % gegenüber der Vorjahresperiode geklettert. Im Mai hatte der Anstieg für das aufgelaufene Jahr noch 5,6 % betragen. Auch hier hatten die Analysten eher mit einer weiteren Entschleunigung gerechnet. Insbesondere die Investitionen des Privatsektors legten mit 5,7 % nach zuvor 5,3 % Wachstum wieder kräftiger zu. Zwar zeigen die öffentlichen Infrastrukturinvestitionen mit 4,1 % einen weiterhin verhaltenen Expansionstrend, doch dürften eine Reihe von neuen Projekten und erweiterte Finanzierungsspielräume für Lokalregierungen für neue Impulse in den kommenden Monaten sorgen. Trump droht PekingUS-Präsident Donald Trump sieht in der Konjunkturabkühlung in China eine Wirkung der amerikanischen Strafzölle und drohte Peking gestern mit weiteren Importabgaben. Vor dem Hintergrund des geringeren BIP-Wachstums twitterte Trump: “Deshalb will China mit den USA ins Geschäft kommen, und es wünschte, es hätte in erster Linie die ursprüngliche Vereinbarung nicht gebrochen.” Trump drohte China, womöglich werde noch “viel mehr” kommen. Seit vergangenem Jahr überziehen sich die beiden weltgrößten Wirtschaftsmächte gegenseitig mit immer höheren Zöllen.