Zuversicht steigt überraschend
ba Frankfurt – Die ohnehin schon hohen Konjunkturerwartungen deutscher Finanzmarktteilnehmer sind im August überraschend deutlich gestiegen. Das entsprechende vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobene Barometer hat um 12,2 auf 71,5 Punkte zugelegt und notiert damit auf dem höchsten Stand seit Januar 2004. Ökonomen hatten mit einem zweiten Rückgang in Folge auf einen Wert von 58 Zählern gerechnet. Auch beim Lageindikator lagen sie falsch – dieser ist um 0,4 auf – 81,3 Punkte gefallen, statt leicht zu steigen.”Die Hoffnung auf eine schnelle Konjunkturbelebung ist wieder größer geworden, die Lageeinschätzung verbessert sich bisher allerdings nur schleppend”, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 178 Analysten und institutionellen Anlegern. Michael Holstein, Leiter Volkswirtschaft der DZ Bank, macht denn auch als Grundlage des Optimismus die Devise “Es kann nur besser werden” aus. Selbst nach der Finanzkrise 2008/2009 sei nicht so viel Optimismus aufgekommen. Tobias Basse von der Nord/LB warnt, die Stärke der Erwartungskomponente sei kein wirklich nachhaltig positives Signal: “Wenn man zu einem guten Freund sagt, er wäre im Vergleich zum Teufel wirklich ein sehr netter Zeitgenosse, ist dies sicherlich auch kein uneingeschränktes Lob!” Der Blick auf die Branchen zeigt, dass die Umfrageteilnehmer “von einer breiten Erholung vor allem der binnenwirtschaftlichen Sektoren ausgehen”, wie Wambach sagte. Anlass zur Vorsicht gäben jedoch die nach wie vor sehr schlechten Ertragserwartungen für die Bankenbranche sowie die Versicherer mit Blick auf das kommende halbe Jahr. Etwas skeptischer zeigten sich derzeit auch noch die exportabhängigen Industriebetriebe, betonte DZ-Bank-Ökonom Holstein.Jörg Angelé, Senior Economist des Assetmanagers Bantleon, verweist darauf, dass der ZEW-Index die Entwicklung des weltweiten Infektionsgeschehens relativ gut widerspiegele: Weiter niedrige Fallzahlen in Deutschland, Frankreich (August: 62,7 Punkte/Juli: 55,9 Punkte) und Italien (54,2/48,6), eine positive Trendwende in den USA (53,7/47,4) sowie eine zweite Welle in Japan (59,0/59,3). Für die Eurozone sind die Konjunkturerwartungen um 4,4 auf 64,0 Punkte gestiegen. Die aktuelle Lage wurde jedoch gleichfalls schlechter als im Vormonat eingeschätzt – das ZEW meldet ein Minus von 1,1 auf – 89,8 Punkte.