Ab in den Keller
Notiert in Paris
Ab in den Keller
wü Paris
Von Gesche Wüpper
Die einen schreiten über den roten Teppich und dann die Stufen hinauf, für die anderen geht es hinab in den Keller des Festspielhauses von Cannes. Hier findet jedes Jahr parallel zu den berühmten Filmfestspielen der Markt der Filme statt, das größte Branchentreffen der Filmindustrie weltweit. Während Stars und Sternchen im Rampenlicht stehen, verhandeln Fachbesucher hier über Filmrechte. 15.000 waren diesmal für den Markt der Filme akkreditiert, auf dem 4.000 Filme und Projekte vorgestellt wurden.
Als er vor 30 Jahren angefangen habe, sei die Veranstaltung nicht sehr groß gewesen, erinnert sich der langjährige frühere Direktor Jérôme Paillard. Doch er habe einen Freibrief bekommen, um sie weiter zu entwickeln. „Das hat dem Markt ermöglicht, das zu werden, was er heute ist: Ein zentrales Element des Filmhandels mit tausenden von Projekten, Teilnehmern und vertretenen Ländern.“ Die von den Veranstaltern geschaffene Plattform Sinando ermögliche Produzenten, Filmvertrieben und -Verkäufern, ihren Besuch in Cannes bereits im Vorfeld gut vorzubereiten.
Gradmesser für die Filmindustrie
Der Markt der Filme gilt auch als Gradmesser für den Zustand der Filmindustrie. Dynamisch, aber ohne Highlights lässt sich die Entwicklung 2024 zusammenfassen. Obwohl das Jahr von den Filmproduktionen her außergewöhnlich war, blieb die erhoffte Erholung aus, geht aus dem Jahresbericht des Observatoire européen de l’audiovisuel hervor. So wurden an den Kinokassen weltweit für 28,1 Mrd. Euro Tickets verkauft, 9% weniger als ein Jahr zuvor. Der Rückgang war in allen Regionen der Welt zu spüren, wobei die größten Märkte am stärksten betroffen waren. So brachen die Ticketverkäufe in China um 22% ein, in den USA und Kanada um 7% und in Indien um 6%.
Dagegen schnitt Europa mit 843 Millionen verkauften Kinotickets am besten ab, da der Rückgang „nur“ 1,7% betrug. Auch hat sich der Markt in Europa seit Corona besser erholt als im Rest der Welt. Dominiert wird der globale Markt von Filmen aus den USA, China und Indien. Europäische Filme dagegen machten letztes Jahr gerade mal 8% der Kinobesuche aus. 86% von ihnen wurden in Europa verkauft, wo jedoch amerikanische Titel trotz eines Rückgangs die verkauften Tickets dominieren. So waren die Top Ten der 20 bestverkauften Kinofilme in Europa US-Produktionen. Dazu gehörten aber auch zwei französische Filme: „Der Graf von Montechristo“ und „Was ist schon normal?“.
Amerikanisches Lobbying
Die Streaming-Plattformen hätten die Vorzeichen des Marktes verändert, sagt Paillard. Denn oft forderten sie Exklusivität; manchmal würden sie sogar verhindern, dass Filme in die Kinos kämen und an Festivals teilnähmen. Bisher ermöglichte eine Direktive den EU-Mitgliedsstaaten, den Plattformen Quoten vorzugeben, wie viele heimische Filme sie zeigen und vor Ort produzieren müssen. Die Direktive soll 2026 überarbeitet werden. Die Amerikaner würden nun gezielt Lobbying betreiben, um den europäischen Filmmarkt zu deregulieren, heißt es in Paris.