Sportartikel

Adidas will zurück zum Wachstum

Am Mittwoch präsentiert Vorstandschef Kasper Rorsted seine Fünfjahresjahresstrategie für das Drei-Streifen-Unternehmen. Die Marke braucht frischen Schwung, für Nike und Puma läuft es derzeit besser.

Adidas will zurück zum Wachstum

Von Joachim Herr, München

Eins steht schon fest: In die Zukunft startet Adidas ohne Reebok. Nach dem geplanten Verkauf der US-Marke kann sich der Sportartikelkonzern ganz auf seine drei Streifen konzen­trieren. Die Strategie, die sich der Vorstand hat einfallen lassen, um auf den Pfad eines ansehnlichen Wachstums zurückzukehren, wird er an diesem Mittwoch präsentieren. Dann veröffentlicht das Unternehmen nicht nur die Geschäftszahlen für das vergangene Jahr, sondern Vorstandschef Kasper Rorsted stellt auf dem Investoren- und Medientag via Internet auch die Fünfjahresstrategie bis 2025 vor.

Einige Schwerpunkte zeichnen sich ab: Ein wichtiges Element für das künftige Wachstum ist der eigene Online-Handel. In der Coronakrise hat dieser Vertriebskanal rasant zugelegt. Am Mittwoch wird Rorsted ein neues Ziel verkünden, wie zu hören ist. Die für 2020 angepeilte Marke von 4 Mrd. Euro dürfte Adidas klar übertroffen haben, was der Vorstand im November schon angedeutet hat. Vier Jahre zuvor waren es erst 1 Mrd. Euro gewesen.

2020 milderte der E-Commerce die Folgen der Pandemie: Als im April mehr als 70% der eigenen Läden von Adidas geschlossen waren, hat sich der Verkaufserlös via Internet mehr als verdoppelt. Im Quartal von Juli bis September, als die große Mehrheit der Geschäfte wieder geöffnet war, wuchs er immerhin noch um die Hälfte.

Die Analysten von Warburg Research schätzen, dass der Online-Umsatz im vergangenen Jahr auf 4,2 Mrd. Euro gestiegen ist, was etwa einem Fünftel des Konzernumsatzes entspräche. Da das Direktgeschäft profitabler ist, sieht Warburg Re­search E-Commerce als wesentlichen Pfeiler an für das Ziel, die Marge zu erhöhen. Die Analysten der Deutschen Bank jedenfalls glauben, dass sich die Marge mittelfristig steigern lässt – auch wenn Investitionen in das Wachstum das Potenzial vorübergehend begrenzten. Die Branchenkenner der Société Générale empfehlen Rorsted, sich auf das Steigern des Umsatzes zu konzentrieren und die Marke zu stärken. Das sei wichtiger, als die Profitabilität zu optimieren.

Hinter Nike und Puma

Um das Geschäft in Schwung zu bringen, braucht Adidas allerdings neue erfolgreiche Produkte. Nike und Puma haben seit etwa zwei Jahren einen besseren Lauf und sind auch stärker aus dem tiefen Coronatal im zweiten Quartal 2020 gekommen. Puma steigerte den Erlös im dritten Quartal währungsbereinigt um gut 13%, im vierten um 9%. Nike schaffte von September bis November immerhin 7%. Dagegen musste Adidas von Juli bis September einen Rückgang von 3% hinnehmen, für die Kernmarke ergab sich ein Minus von 2%.

Das Unternehmen zeigt Kampfgeist und will an die Entwicklung der Jahre 2015 bis 2017 anknüpfen, als der Umsatz mit zweistelligen Raten wuchs (siehe Grafik). Nach dem starken Auftakt der Fünfjahresstrategie mit dem Titel „Creating the New“ hatte Rorsted im März 2017 die von seinem Vorgänger Herbert Hainer zwei Jahre zuvor gesteckten Ziele für den durchschnittlichen Anstieg von Umsatz und Gewinn nach oben geschraubt.

Mit welchen Produkten die Rückkehr zu stattlichem Wachstum gelingen soll, werden Rorsted und seine Vorstandskollegen am Mittwoch skizzieren. Der Investoren- und Medientag könnte nach Ansicht der Schweizer Bank UBS die Initialzündung für einen Neustart sein, nachdem Adidas die zu hohen Lagerbestände im vergangenen Jahr verringert habe.

Eine wichtige Rolle für die nächsten Strategieschritte spielt auf jeden Fall das Thema Nachhaltigkeit: Stichwort Kreislaufwirtschaft. Dabei geht es um die Wiederverwertung ausrangierter Schuhe und Textilien oder auch um Produkte aus Abfall. Adidas stellt bereits seit fünf Jahren mit der Umweltorganisation „Parley for the Oceans“ aus aufbereitetem Plastikmüll, der an Meeresküsten gesammelt wird, Produkte her. Dennoch ist Adidas nach 20 Jahren aus dem Dow Jones Sustainability Index herausgefallen. Das Unternehmen habe seine Punktzahl behalten, aber andere hätten ihre Bemühungen verstärkt und seien nach vorn gekommen, sagt ein Sprecher von Adidas. Man versuche, in diesem Jahr wieder in den Index zurückzukehren.

Corona verstärkt Trends

Auch in der Pandemie erhält Adidas wie die gesamte Sportartikelindustrie einen Schub von der Bewegungs- und Fitnesswelle in weiten Teilen der Welt. Corona bremst zwar alles, was mit Mannschaftssport zu tun hat, treibt aber viele Menschen zum Individualsport, etwa dem Laufen, nach draußen. Und drinnen verstärkt das Homeoffice den Trend zu legererer und bequemer Kleidung im Alltag. Diesen Rückenwind wird Adidas auch in den nächsten Jahren nutzen wollen.

Doch keine Frage: 2020 war ein Ausnahmejahr. Schon vor Bekanntgabe der Jahreszahlen am Mittwoch zeichnet sich ab, dass der Umsatz von Adidas der niedrigste seit 2016 gewesen ist. Das Betriebsergebnis wird sogar das schwächste seit 2009 gewesen sein. Da die Pandemie noch längst nicht besiegt ist und in Europa noch Läden geschlossen sind, dürfte 2021 ein Übergangsjahr für Adidas und die gesamte Branche werden. Als Grundlage für ambitionierte Finanzziele bis 2025 eignen sich deshalb weder das vergangene noch das aktuelle Jahr. Mal sehen, welchen Maßstab Rorsted ansetzt.