LeitartikelArgentinien-Bailout

Tödlicher Tango für Amerikas Finanzsystem

Durch die angepeilte Rettung Argentiniens geben sich die USA nicht nur der Volatilität des Peso preis. Sie riskieren indirekt auch neue Verwerfungen bei Treasuries.

Tödlicher Tango für Amerikas Finanzsystem

Argentinien-Bailout

Tödlicher Tango

Von Alex Wehnert

Durch die angepeilte Rettung Argentiniens geben sich die USA nicht nur der Volatilität des Peso preis. Sie riskieren indirekt auch neue Verwerfungen am Staatsanleihemarkt.

Der Bailout der US-Regierung für Argentinien droht erhebliche Belastungen an den Finanzmärkten nach sich zu ziehen. Die Bonds und Aktien des südamerikanischen Landes sowie der Peso mögen zu Wochenbeginn zwar in den Rally-Modus geschaltet haben, nachdem die Partei des rechtspopulistischen Präsidenten Javier Milei als Sieger aus den Zwischenwahlen zum Kongress hervorgegangen ist. Investoren zollen mit ihrer neuen Lust auf argentinische Assets der Aussicht Tribut, dass die Regierung von US-Präsident Donald Trump ihrem Verbündeten in Buenos Aires unter die Arme greift. Doch der Tanz in der Pampa könnte für die Finanzmärkte noch zum tödlichen Tango werden.

Trumps Basis reagiert erzürnt

Schon die Interventionen Washingtons am Devisenmarkt mögen einfach nicht zu Trumps „America First“-Rhetorik passen: Nach Peso-Käufen schlossen die Vereinigten Staaten Anfang Oktober ein Rahmenabkommen über einen Währungstausch im Volumen von 20 Mrd. Dollar mit der argentinischen Zentralbank – und geben damit stabile Dollar, um sich eine äußerst volatile Valuta ins Boot zu holen, der angesichts mangelnder Aussichten auf eine Lösung für Argentiniens ökonomische Probleme eine weitere radikale Abwertung ins Haus steht. Dass die Rettung des südamerikanischen Staats ausgerechnet zu einem Zeitpunkt ganz oben auf die Agenda der Treasury rückt, zu dem Bundesangestellte wegen des Shutdowns in Washington nicht für ihre Arbeit bezahlt werden, erzürnt dabei nicht nur Demokraten, sondern inzwischen auch Trumps Basis.

Dem US-Präsidenten und seinem Finanzminister Scott Bessent ist allerdings egal, dass sie sich mit ihrem geplanten Bailout einmal mehr als prinzipienlose Opportunisten entlarven. Für sie stehen höhere Interessen auf dem Spiel: Nicht die Wahrung amerikanischer Machtsphären im von China beeinflussten Südamerika sind dabei wohl ausschlaggebend, sondern finanzielle Vorteile für Bessents Freunde. Zahlreiche Hedge- und Investmentfonds aus dem Zirkel des Treasury-Chefs dürften von Washingtons Rettungsaktion profitieren.

Banken-Fazilität sorgt für Verunsicherung

Dennoch droht Amerikas Finanzsystem zum Leidtragenden des Bailouts zu werden. Viel problematischer als der Währungstausch dürfte eine ebenfalls 20 Mrd. Dollar schwere, bankengeführte Kreditfazilität für Buenos Aires werden. Die beteiligten Geldhäuser um J.P. Morgan mauern zwar – doch hinter den Kulissen ist zu hören, dass die Institute zuletzt auf Informationen der Treasury zu Besicherungen und Bürgschaften warteten, die Argentinien bieten könnte. Auch herrscht an der Wall Street Unklarheit darüber, ob Washington selbst einen Backstop der Kreditfazilität plane.

Sollten sich die offenen Fragen zur Besicherung nicht beantworten lassen, droht der Deal zu platzen. Den Banken ist sehr zu empfehlen, dass sie in diesem Fall hart bleiben und sich nicht von einer Trump-Regierung ins Bockshorn jagen lassen, die zwar mit gelockerten Regulierungen winkt, dafür aber auch politischen Gehorsam erwartet. Denn eigentlich vergeben US-Geldhäuser mit gutem Grund keine Kredite an Argentinien. Die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas hat seit den 1950er Jahren mehr als 20 Bailouts des IWF in Anspruch nehmen müssen und allein seit 2000 drei Defaults hingelegt.

Vertrauen ausgehöhlt

Wenn die USA einen Backstop für die Banken-Fazilität einziehen, mag das zwar für die Geldhäuser eine Erleichterung bedeuten. Das Zutrauen in die amerikanischen Staatsfinanzen dürfte die damit einhergehende Abhängigkeit von argentinischen Kreditrückzahlungen aber nicht eben stärken. Bessents Fürsprecher mögen anführen, dass 20 Mrd. Dollar für die USA kaum ins Gewicht fallen. Doch Trumps Fiskalpolitik hat das Vertrauen in den Staat nach der Ausweitung der Verschuldung in den Vorjahren so weit ausgehöhlt, dass es womöglich nicht viel braucht, um neue Turbulenzen bei Treasuries auszulösen. Eine anhaltende Flucht aus Dollar-Assets dürfte wiederum den Status des Greenback als Weltleitwährung weiter erodieren lassen. Dabei ist es diese Sonderstellung, die der US-Regierung erst erlaubt, ihren tödlichen argentinischen Tango zu tanzen.