Armutszeugnis
CHIP-DESIGNER
Armutszeugnis
Von Heidi Rohde
Das Börsen-Comeback von Arm ist glanzvoll, aber es wirft auch einen dunklen Schatten auf den vorausgegangenen, von Finanzinvestoren stets gepriesenen Going-private.
Der Chip-Designer Arm hat allen Unkenrufen zum Trotz bei seinem Börsen-Comeback einen glanzvollen Start erwischt. Die Marktkapitalisierung hat aus dem Stand den Wert erreicht, der dem Unternehmen zuvor in einer internen Transaktion bei Softbank zugestanden wurde. Dabei hat sicher auch eine Rolle gespielt, dass das international hochkarätig besetzte Konsortium alles darangesetzt hat, das bisher größte IPO des Jahres – zumal eines Technologieunternehmens – zum Erfolg zu machen; indem der Emissionspreis so gesetzt wurde, dass er eine hohe Überzeichnung hergab und Zeichnungsgewinne ermöglichte. Darüber hinaus dürfte eine Reihe prominenter Ankerinvestoren als Teil eines ohnehin äußerst schmalen Free Float dafür sorgen, dass der Kurs auch längerfristig gestützt wird.
Allerdings könnte das auch gut notwendig werden. Denn es steht für Experten außer Zweifel, dass Arm inzwischen schon äußerst ambitioniert bewertet ist. Der anfängliche Börsenwert entspricht mehr als dem 20-fachen Umsatz des vergangenen Jahres und dem 54-fachen operativen Gewinn. Eine solche Bewertung wäre allenfalls zu rechtfertigen für ein Unternehmen, das geschäftlich mit Siebenmeilenstiefeln vorankommt. Arm trat dagegen zuletzt mehr oder minder auf der Stelle. Hauptgrund dafür ist der rückläufige Smartphone-Markt und die nach wie vor sehr große Abhängigkeit des Chip-Designers von diesem etablierten Kerngeschäft, das das Unternehmen quasi monopolisiert hat. Überdies ist der Verkauf von Chip-Bauplänen zwar äußerst margenstark, erfasst allerdings dennoch nur einen Bruchteil der Wertschöpfungskette in diesem Schlüsselsektor. Die großen Brocken werden von Technologie-Ikonen wie Qualcomm oder Nvidia abgeschöpft.
Angesichts dieser Positionierung neue Wachstumsfelder für Arm zu finden, ist eine Herausforderung, der sich das Management des Unternehmens auch schon vor der Übernahme durch Softbank 2016 durchaus bewusst war. Der Chip-Designer ist kein Beispiel für die Meriten des von Finanzinvestoren stets so hoch gepriesenen Going-private. Die private Eigentümerstruktur wird gern als beste Möglichkeit propagiert, um derlei grundlegende Herausforderungen, die auch mit einer Transformation eines Unternehmens verbunden sind, zu bewältigen. Eine stete Berichtspflicht und Beobachtung durch ein breites Börsenpublikum gilt dem gegenüber als Nachteil, weil die Anleger Verständnis für Investitions- und Verlustphasen oder sonstige gravierende Umbrüche in Unternehmen, die mit einem größeren Wagnis verbunden sind, oft vermissen lassen. Aus diesem Grund wird von (Technologie-)Start-ups auch erst ein gewisser Reifegrad des Geschäftsmodells erwartet, das erkennbar auf Umsatz- und Ertragswachstum hoffen lässt, bevor sie ein Going-public wagen können.
Das rund siebenjährige private Intermezzo von Arm erscheint in diesem Zusammenhang eher als Armutszeugnis denn als Ruhmesblatt. Wohlklingende Schlagworte wie Chancen im Zuge des "Internet der Dinge" oder gar die nun allgegenwärtige Fantasie rund um künstliche Intelligenz gehen dem „Visionär“ Masayoshi Son leicht von den Lippen, aber welche konkreten Entwicklungen Arm hier vorzuweisen hat, bleibt offen. Und der Verdacht liegt nahe, dass es eher wenig ist, wenn man in Betracht zieht, dass der erste Gedanke des Managements für die Rückkehr zu einem spürbaren Umsatzwachstum vor allem Preiserhöhungen für die etablierten Produkte gilt.
Offenbar muss Arm also Innovationen auf der Produktseite und entscheidende Schritte zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells nun unter den Augen des breiten Publikums erst noch vollziehen. Die vermeintliche Leistung von Softbank als privatem Eigentümer erinnert stattdessen stark an bloßes Financial Engineering, das bei Take Privates einen nicht unbedeutenden Track Record hat und dazu angetan ist, private Investments auf Zeit zu diskreditieren. Kurzfristig vorbörsliche Bewertungsrunden wurden dabei als ein probates Mittel genutzt, um für die Alteigentümer die gewünschte Rendite zu erzielen. Für die Anleger hat sich das weniger bewährt, wie vor allem die unrühmlichen Beispiele bei prominenten Start-ups kurz vor dem IPO zeigen. Arm ist kein Start-up, aber den Aktionären kann im Prinzip dasselbe blühen.