KommentarJulius Bär

Weg mit der rosa Brille

Die Vermögensverwaltungsbank Julius Bär erschreckt ihre Aktionäre mit neuerlichen Wertberichtigungen auf ihre Kreditportfolio. Solche Schreckmomente wären vermeidbar.

Weg mit der rosa Brille

Julius Bär

Weg mit
der rosa Brille

Julius Bär bringt ihre Aktionäre mit dem Management-Statement zum Geschäftsverlauf nach vier Monaten gehörig auf Trab. In der Ad-hoc-Mitteilung preisen die Schweizer zwar wie gewohnt die „fundamentalen Stärken“ der Bank, die sich selbst als „weltgrößter, unabhängiger Vermögensverwalter“ bezeichnet und auch fleißige neue Vermögen akquiriert. Doch am Ende des mehrseitigen Kommuniqués ist auch zu lesen, dass im Halbjahr ein Gewinnrückgang zu erwarten sei. Darauf waren die Aktionäre offensichtlich nicht vorbereitet. Die Titel quittierten die schlechten Neuigkeiten mit Kurseinbrüchen um zeitweise mehr als 5%.

Tatsächlich hätten die Eigner aber längst gewarnt sein müssen. Im November 2023 waren ihre Aktien um mehr als 20% abgestürzt, nachdem die Bank erstmals über ihre missratenen Kreditgeschäfte mit René Benko Rechenschaft ablegen musste. Mit dem Eingeständnis der Verluste in Höhe von 600 Mill. sfr und den Erläuterungen über deren Hergang hätte eigentlich allen Investoren unmissverständlich klar werden müssen, dass die Bank im Geschäft mit Immobilienkrediten nicht auf der Höhe ist, jedenfalls nicht auf der gleichen Höhe, auf der man sich in Zürich im Geschäft mit der Vermögensverwaltung sieht.

Doch bald schien der Albtraum vergessen, und der Aktienkurs strebte auf die alten Höhen zu. Doch im Februar des laufenden Jahres folgte der nächste Schreck: Die Finanzmarktaufsicht führe im Zusammenhang mit den Benko-Krediten ein Enforcement-Verfahren gegen Julius Bär durch. Solche Verfahren können dazu führen, dass Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen, um operationelle Risiken abzufedern. Der Aktienkurs tauchte um 15% ab. Auf dem steilen Weg zurück nach oben – kurz unterbrochen von Donald Trumps Zollhammer – kam es nun zum nächsten Rückschlag. Eine „umfassende Überprüfung“ des restlichen Kreditportfolios habe „nach Anwendung vorsichtiger Kriterien“ einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf in Höhe von 130 Mill. sfr ergeben. Es kommt Veränderungen im Risikomanagement der Bank. Es ist Zeit, dass die Bär-Eigner ihre rosa Brille ablegen.

Von Daniel Zulauf
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