KommentarDigitale Investitionen

Banken fehlen Fähigkeiten

Investoren trauen Banken wertsteigernde Investitionen nicht zu. Stattdessen wollen sie lieber Aktienrückkäufe.

Banken fehlen Fähigkeiten

Aktienrückkäufe

Banken fehlen Fähigkeiten

Von Philipp Habdank

Dass Jean Pierre Mustier sich noch nie davor gescheut hat, dahin zu gehen, wo es weh tut, ist kein Geheimnis. Schon während seiner aktiven Managerzeit war der Franzose ein Mann klarer Worte, wie so mancher Bankmanager der Unicredit zu berichten weiß. Inzwischen ist Mustier selbst kein CEO einer Bank mehr, weshalb es ihm auch leichtfällt, diese für ihr allzu kurzfristiges Denken zu kritisieren, wie er am Freitag auf einer EZB-Veranstaltung erklärte.

Mit seiner geäußerten Kritik hat Mustier aber einen validen Punkt: Mit ihren vielen Aktienrückkäufen hübschen die Banken zwar kurzfristig ihren Aktienkurs auf. Das ist durchaus valide und erfreut die Aktionäre – allerdings nur kurzfristig. Denn das Grundproblem für die weiterhin niedrigen Bewertungen von Banken am Aktienmarkt lösen die Aktienrückkäufe nicht. Investoren hegen allen Rekordgewinnen in diesem Jahr zum Trotz weiterhin große Zweifel daran, wie nachhaltig die Gewinne der Banken sind. Sie blicken gebannt auf die nächsten ein oder zwei Jahre. Dann nämlich wird sich zeigen, wie viel des Zinsanstiegs die Banken an ihre Kunden weiterreichen müssen.

Dass die Aktienkurse von Banken in diesem Jahr vor allem dann stark angestiegen sind, wenn eine Bank ein neues Aktienrückkaufprogramm auch nur angedeutet hat, verdeutlicht vor allem eines: Investoren trauen Banken nicht zu, dass sie die in der Zinswende erwirtschafteten Gewinne sinnvoll und vor allem wertsteigernd investieren. Aktionäre haben heute lieber 1 Euro sicher in der Tasche als 1 + X in mehreren Jahren. Dabei gibt es gerade so viel Investitionsbedarf. Die Erforschung von künstlicher Intelligenz ist nur ein Beispiel.

"Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen: Banken sind nicht gut in Technologie", sagte Stuart Graham, Partner und Head of Banks Strategy bei Autonomous Research, am Freitag im Rahmen der EZB-Veranstaltung. Und er hat recht, schließlich haben sich die Banken in der Vergangenheit bei ihren großen IT-Projekten nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert – der Sonderprüfer bei der Deutschen Bank im Zuge der ruckeligen Postbank-IT-Integration lässt grüßen.

Laut Graham müssen wir dann wohl einfach akzeptieren, dass es den Banken an Fähigkeiten mangelt und es dafür große institutionelle Barrieren innerhalb der Institute gibt. Grenzüberschreitende Zusammenschlüsse von europäischen Großbanken mögen verdammt hart sein. Doch von Banken zu erwarten, dass sie sich technologisch selbst neu erfinden, sei wahrscheinlich genauso hart. Diese Erkenntnis ist so erfrischend ehrlich wie bitter zugleich.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.