KommentarImmobilien

Bei Adler drohen Notverkäufe

Der Druck auf den Immobilienkonzern Adler wächst, größere Vermögensteile zu verkaufen. Da mag der Transaktionsmarkt noch so schwierig sein. Ohne Preiszugeständnisse wird es nicht gehen.

Bei Adler drohen Notverkäufe

Adler Group

Notverkäufe drohen

Von Helmut Kipp

Wenige Monate nach dem vermeintlichen Befreiungsschlag durch Abschluss der finanziellen Restrukturierung steckt der Wohnungskonzern Adler bereits wieder in Kalamitäten. Die Finanzlage erodiert zusehends, wie der Halbjahresbericht zeigt. Der Verschuldungsgrad in Relation zum Immobilienwert hat sich innerhalb von nur sechs Monaten um 13 Prozentpunkte erhöht. Das ist ein riesiger Sprung – in der Branche bewegt sich diese Kennzahl üblicherweise allenfalls um wenige Prozentpunkte. Im Gegenzug schmilzt das Eigenkapital in der Konzernbilanz dahin. Inzwischen absorbieren die Schulden fast 88% des Immobilienwerts. Wenn das so weitergeht, werden es bald 100% sein. Dann würde das Vermögen komplett den Gläubigern gehören.

Bereits zum Jahresende könnten abermals Abschreibungen anstehen. Zwar fehlen Indikationen, wo der Sektor steht, weil es nur wenige Transaktionen gibt. Doch Marktteilnehmer gehen davon aus, dass weitere Abwertungen bei Immobilien drohen, wenn auch mit sinkender Geschwindigkeit. Adler-Chef Thierry Beaudemoulin selbst verweist auf diese Einschätzungen.

Auch der Blick auf die Liquidität verheißt nichts Gutes. Der Kreditrahmen von brutto mehr als 900 Mill. Euro, den Anleihegläubiger im April bereitgestellt haben, ist offensichtlich bereits zu knapp. Nun plant Adler eine neue Schuldverschreibung, mit der die im November fällige Wandelanleihe zurückgezahlt werden soll. Sie soll vorrangig besichert werden, aber im Rang nach den jeweiligen Immobiliengesellschaften und der Finanzierung im Zusammenhang mit der Restrukturierung, für die ein Zins von 12,5% im Jahr fällig ist.

Für den neuen Bond bedeutet das: Zinsen im Bereich von 20% wären keinesfalls überraschend. Die Fälligkeiten von gut 500 Mill. Euro im nächsten Jahr mögen noch zu managen sei, auch weil es überwiegend Bankkredite sind. Spätestens 2025 kommt es zum Schwur. Denn dann müssen allein an die Bondholder gut 1,7 Mrd. Euro zurückgezahlt werden. Im Folgejahr sind es dann 1,44 Mrd. Euro.

Woher all das Geld für die Fälligkeiten kommen soll? Es gibt nur eine Möglichkeit: verkaufen, verkaufen verkaufen. Noch bleibt ein wenig Zeit, aber der Druck, Immobilien zu veräußern, steigt zusehends. Da mag der Transaktionsmarkt noch so schwierig sein und kaum jemand Lust auf den Erwerb größerer Bestände haben. Wenigstens scheint der Abwärtsdruck am Markt aktuell nachzulassen, so dass Transaktionen vielleicht wieder möglich sein könnten. Doch ohne deutliche Preiszugeständnisse wird es nicht gehen.

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