Trading-App: Besser spät als nie
SPARKASSEN
Späte Antwort
auf Neobroker
Von Björn Godenrath
Die Sparkassen sind endlich aufgewacht und bringen das Trading als Reaktion auf N26 und Co. in die App.
Das Motto „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gehört zur DNA der Sparkassen. Damit sind sie lange gut gefahren und konnten sich trotz Abriebs gegen die in den 90er Jahren gestarteten Direktbanken behaupten. Die weitere Digitalisierung mit dem Aufkommen von Neobanken und Neobrokern hat aber alte Gewissheiten infrage gestellt – und die Sparkassen stellen sich dem nun, indem sie den Wertpapierhandel voll integriert in die App bringen.
Sparkassen verlieren anteilig Geschäft
Dabei hätten der Siegeszug der Neobroker sowie allgemein steigende Aktionärszahlen schon viel früher Beschlüsse im DSGV (Deutscher Sparkassen- und Giroverband) auslösen sollen. Denn die Sparkassen stellen seit geraumer Zeit fest, dass Geschäft abwandert: Daten von PwC zufolge haben Sparkassen und Landesbanken über die zehn Jahre bis Ende 2024 beim in Depots gemessenen Marktanteil im Wertpapierhandel von 26% auf 21% verloren. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass der genossenschaftliche Sektor mit dem Abrutschen von 36% auf 20% noch schlimmer dasteht.
Endlich handelt der DSGV
Damit ist klar: Die beiden großen Finanzverbünde haben ein Problem und müssen in die Puschen kommen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. In diese Kerbe schlagen die jüngsten Beschlüsse des DSGV: Da war zunächst der Entscheid, dass Kunden künftig der Kryptohandel als Selbstentscheider angeboten wird und die DekaBank die Infrastruktur dafür aufbaut. Zudem haben die Gremien im DSGV beschlossen, in die Wertpapierdepotstruktur zu investieren. Auch dafür wurde die Deka beauftragt, eine Plattform zu entwickeln, die ein standardisiertes Depot hat, was sich in die Sparkassen-App integrieren lässt.
Konsolidierungsversuche auf Depotebene im Sande verlaufen
Dabei hatte sich die Deka mit ihren 5,7 Millionen Depots im internen Schönheitswettbewerb gegen die 2 Millionen Sparkassendepots führende DWP Bank durchgesetzt. Nun bleibt es wohl zunächst bei diesen Doppelstrukturen, sind Versuche zur Konsolidierung auf der Depotebene doch im Sande verlaufen. Aber was soll's, Hauptsache es wird jetzt richtig nach vorne hin entwickelt und das Trading von Aktien und ETFs damit für Sparkassen-Kunden so bequem wie bei den Neobrokern.
Es braucht elementare Weichenstellungen
Dabei ist die strategische Verankerung des Wertpapierhandels elementar für die Sparkassen. Denn die Neobroker binden inzwischen auch das Konto- nebst Einlagengeschäft sowie das Kartengeschäft ein. Die dort stattfindende Verbindung von Konten und Depots knabbert am Kern der Sparkassen, was alarmierend ist. Die Sparkassen müssen jetzt einen Konter fahren, der sitzt.
S-Broker wurde leider beerdigt
Wobei man sich gar nicht ausmalen mag, wo die Sparkassen heute ständen im Wertpapiergeschäft, wenn sie den S-Broker damals von der Leine gelassen hätten. Der wurde 2016 seiner Freiheit beraubt und bei der DekaBank integriert, weil die Institute vor Ort nicht wollten, dass der S-Broker Provisionen verdient mit ihren Kunden. Das war eine sehr kurzsichtige Entscheidung, hätte sich doch mit gutem Willen eine Betreiberstruktur finden lassen, welche die Interessen der Sparkassen vor Ort gewahrt hätte. So aber blieben die Sparkassen eine graue Maus im Retail-Trading und überließen das Spielfeld den Neobrokern, die sich darüber freuen, dass Sparkassen-Kunden Depots bei Ihnen eröffnen und Stück für Stück ihr Kapital dort allokieren. Diese Gefahr wurde inzwischen erkannt, gebannt ist sie noch lange nicht.